Wraps mit in Ras el Hanout
mariniertem Hähnchen,
Minzjoghurt und Granatapfelkernen.

Ach, aus dieses Tales Gründen,
Die der kalte Nebel drückt,
Könnt‘ ich doch den Ausgang finden,
Ach wie fühlt‘ ich mich beglückt!
Friedrich von Schiller, „Sehnsucht“.
Draußen im Park schmatzen die Stiefel bei jedem Schritt durch den Matsch der Pfützen. Die Regenjacke knarzt. Manchmal quietscht sie auch fast ein wenig. Ein ums andere Mal türmen sich Wolkengebirge auf, Blitze zucken, Donner grollt, Regenmassen klatschen vom Wind gepeitscht herab, und dann bilden sich Seenplatten auf den sandigen Wegen. Doch keine Jolle segelt darauf, obwohl es kräftig aus Nordnordost weht. Würden die Wolken nicht zwischenzeitlich aufreißen, man möchte sich fast ein Megaphon basteln und rufen: „Herr, es ist Zeit, mit Sommer ist nichts los!“ – oder: „Der kleine November möchte bitte aus dem August abgeholt werden!“ Einige Wochen ist der Urlaub ist schon wieder her, und er führte diesmal auch nicht in tropische Hitze, nicht vorbei an Teeplantagen oder zerbeulten Wellblechständen mit frisch gepflückten Kokosnüssen oder Passionsfrüchten, sondern nur eine Halbinsel weiter, und dort war dieser Sommer keinen Deut weniger norddeutsch. Umso tiefer sehnt mein inneres Selbst sich aber nach südlicher Sonne, nach dem Duft des Orients, nach den raffiniert schillernden Gewürzmischungen, die etwa die Luft in den quirlig lärmenden Souks von Marrakesch erfüllen.
Natürlich könnte ich den Friesennerz überwerfen, mich auch aufs Rad schwingen und mich zumindest zur nächsten Dönerbude aufmachen, aber ab und zu sehnen sich die Handtücher nach Pause, die Hosen sich danach, nicht regenklamm am Bein zu kleben – und mir war diesmal nach etwas Raffinierterem, nach etwas, das vielleicht auch ein bisschen weniger bleiern schwer und fetttriefend im Magen liegt: ohne wirklich viel aufwändiger zu sein. Und so habe ich mich einmal mehr an eins meiner absoluten Lieblingsrezepte aus einem meiner Lieblingskochbücher, dem fantastischen „Persiana“ von Sabrina Ghayour gemacht: „Hähnchenwraps mit Ras el Hanout“ heißt es, und es ist im weitesten Sinne Schawarma mit Pfiff. Denn hier wird die komplexe Würze des Fleisches eingefangen von der mildkühlen Frische von Minzjoghurt. Dergewinnt mit Sumach – dies Gewürz erinnert mit seiner subtilen Säure ein wenig an Zitronensaft, nur in knusprig – und Limettenzesten mehr Zing. Strahlend karminroter Granatapfelsirup und Granatapfelkerne umschmeicheln den Gaumen mit ihrer fruchtigen Süße aus der Deckung, und Rucolablätter, Chiliflocken, rote Zwiebeln und Sesamkerne steuern noch zartbittere, knusprig-dunkle und fetzige Geschmacksnoten bei.
Das Gericht ist mit wenigen Handgriffen gemacht, den Großteil der Vorbereitungszeit bringen Hähnchenfleisch und Marinade im Dunkel des Kühlschranks ohne fremde Hilfe herum, und nur deshalb empfiehlt es sich, das Ganze mit einem Tag Vorlauf zu planen und auf den Weg zu bringen. In kleinen Details habe ich ihre Variante aber noch ein klein wenig abgewandelt, was das Ganze aus meiner Sicht noch etwas frischer macht.

Wie macht man die Wraps?
Man nehme (für vier Portionen):
4 große Hähnchenbrustfilets (am besten bio) – gehäutet, das dicke Ende mit einem Messer ein-, aber nicht durchgeschnitten und wie ein Schmetterling flachgedrückt
2 gehäufte EL Ras el Hanout (wer kein Gewürzgeschäft und keinen orientalischen Laden um die Ecke hat, inzwischen gibt es die arabische Gewürzmischung sogar bei Lidl, auch wenn ich dennoch empfehle, die kleinen, guten Läden zu unterstützen)
2 TL Pul Biber (das „mit scharf“-Gewürz beim Dönermann, zerstoßene Chilis oder Paprika, gibt es auch im orientalischen Laden oder im Gewürzgeschäft – wer es nicht so scharf mag, lässt es weg)
4 TL Meersalz
6 Esslöffel gutes Olivenöl
4 Weizentortillas/Wraps (fertig gekauft, aus dem Handel – wer will und ausreichend Zeit dafür hat, kann sie natürlich auch selbst herstellen, ein tolles Rezept dafür gibt es hier)
1 rote Zwiebel oder zwei feine Schalotten
Granatapfelsirup
1 Handvoll Rucola
Granatapfelkerne (frisch – wer keine Lust aufs Pulen hat, kann sie aber auch aus dem Glas nehmen)
geröstete Sesamkerne
400 Gramm Naturjoghurt
1 kleines Bund Minze, die Blätter fein gehackt
1 ungewachste Limette
2 EL Sumach
1 TL Zucker
1 TL Meersalz
1 große Prise frisch gemahlenen schwarzen Pfeffer
Am Tag zuvor: Für die Marinade die Schale der Limette abreiben und bestenfalls in einer geschlossenen kleinen Dose beiseitestellen (wird für den Minzjoghurt gebraucht), dann den Saft auspressen und mit dem Ras El Hanout, den Pul-Biber-Flocken, 4 Teelöffeln Meersalz und 6 Esslöffeln Olivenöl zu einer Paste verrühren. Die vorbereiteten Hähnchenbrustfilets damit rundum bestreichen. In eine Schüssel legen und zugedeckt (ich lege lieber einen Teller oder Deckel drauf statt Frischhaltefolie oder gar Alufolie zu nehmen) über Nacht im Kühlschrank ziehen lassen. Das Salz und die Säure in der Marinade lösen Proteine im Fleisch auf und verhindern so, dass sie, was sonst passieren würde, beim Braten Flüssigkeit aus dem Fleisch pressen.
Am Tag des Kochens: Zuerst die Minzblätter fein hacken und gemeinsam mit Sumach, Zucker, Salz und Limettenzesten in einer Schüssel in den Naturjoghurt einrühren. Großzügig pfeffern. Zugedeckt stehen und ziehen lassen, während man sich den weiteren Kochschritten widmet.
Etwa 20-30 Minuten vor der Mahlzeit das marinierte Hähnchen aus der Schüssel nehmen. Reichlich Olivenöl in einer großen Pfanne bei mittlerer Stufe erhitzen (wenn man alle vier Brüste gleichzeitig braten möchte, empfiehlt es sich, zwei Pfannen gleichzeitig auf diese Weise zu nutzen). Das Fleisch darin knapp zehn Minuten von einer Seite und dann noch einmal sechs bis acht Minuten von der anderen Seite knusprig braten. Sabrina Ghayour rät: „Sobald sich das Fleisch an der dicksten Stelle auf Fingerdruck nicht mehr elastisch anfühlt, ist es durchgegart.“ Die knusprigen Hähnchenbrüste danach auf ein Schneidebrett legen und noch ein wenig ruhen lassen, damit sich die Säfte im Fleisch wieder verteilen können und diese beim folgenden Zerschneiden nicht so schnell auslaufen und das Fleisch trocken wird.
Die Zwiebel auf feine Ringe schneiden. Falls nicht im Glas gekauft, die Kerne aus dem Granatapfel pulen. Eine gute Handvoll Sesamkerne, falls nicht geröstet gekauft, ohne Fett bei niedriger bis mittlerer Hitze in einer Pfanne ohne Fett ein paar Minuten rösten, bis sie zu duften beginnen und etwas dunkler (keinesfalls schwarz!) werden.
Das Fleisch in etwa einen Zentimeter breite Streifen schneiden.
Ich mag die Tortillas gern ein wenig knusprig (das ist Geschmackssache). Insofern lege ich jeden Wrap ebenfalls ohne Fett in eine Pfanne bei mittlerer Hitze und röste ihn pro Seite etwa eine bis zwei Minuten. Dann schnell rausnehmen. Fleisch darin verteilen, pro Portion etwa 1-2 Esslöffel Minzjoghurt darüber geben, Zwiebeln darauf drapieren ebenso wie die Granatapfelkerne – und den gerösteten Sesam darüber streuen. Zum Schluss Granatapfelsirup darüber geben. Weil der sehr flüssig und intensiv, gern aber schwierig zu dosieren ist, wäre mein Tipp: Die Verschlusskappe abdrehen und vorsichtig Granatapfelsirup bis zum Rand in die Kappe gießen – und dann über dem Wrap verteilen. Wer sie zusammengerollt essen möchte, sollte sich sputen, denn geröstete Tortillas sind nach Erhitzen und Rösten erst noch weich und biegsam – und werden dann rasch knusprig-fest. Guten Appetit!
Musik zum Menü
Nehmen Sie sich ein Getränk aus unserer imaginären Minibar, denn „Der Anfang ist nah“.
Das klingt ja wieder mal gar köstlichst 🙂
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Das geht bedeutend einfacher, die „Tortillas, Wraps, Pelmeni“ etc..
Man macht den Hefeteig, den Maisteig, den Reisteig oder sonstigen Teig, einfach in Pfannkuchenqualität. Also, fließend. Bedingung dafür ist lediglich die Garzeit des Teiges.
Der Teig muss gehen! Der Teig muss seinen Kleber entfalten. Zu beachten ist, der Teig verliert Flüssigkeit und damit Volumen beim Backen.
Es gibt Vorteile: Der Vorteil liegt in der Weichheit des Teiges. Und wer möchte es nicht gern weich und flaumig.-))
Gebacken wird ohne Fett in offener Pfanne bei kleiner Hitze. Viel Spaß:-))
Der Teig hebt von allein ab, wenn er fertig ist. Und das schmeckt um Längen besser als dieser fertige…naja..:-))
Probier es, Ole, mei Gutster:-))
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