Rentier-Cookies mit Erdnussbutter-Crunch, knusprigem Brezelgeweih und Schokosplittern.

Doppelt gesehen habe ich den Advent fast nie. Glühwein und ich, wir haben uns vor Weihnachten schon gern mal getroffen, gemeinsam mit guten Freunden. Eher beiläufig, wirklich ernst mit uns war es nie. Aber ich habe mich hier und da von ihm wohlig wärmen und mir ein wenig den Kopf verdrehen lassen (bis der am nächsten Tag schmerzte). Gerade in Studienzeiten in Münster habe ich Vorlesungspausen auch gern mal genutzt, um mich zur Happy Hour (die den ganzen Tag dauerte) am Aegidiimarkt ins Getümmel und dann mehrere Becher Billigplörre zu stürzen. Und am Ende bildeten ich und all die anderen einen sanft beschwipsten Chor der Rotnasigen (einen Teil trug sicher auch die Kälte bei), der Rudolph, dem Rentier, Konkurrenz hätte machen können. Those were the days. Einfacher gesehen als in diesem Jahr habe ich den Advent wohl seit meiner Kindheit nicht. Es war der erste Advent und es war auch das erste Weihnachtsfest, an dem ich nicht ein einziges Mal mich auch nur mit Freunden an irgendeiner Bude getroffen und Glühwein geschlürft habe. Es bleiben ja seltsame Zeiten.
Gerade deshalb war mir aber nach anderen roten Nasen. Die habe ich bei Anne gefunden, Anne Seubert. Wohl niemand, den ich kenne und dem ich mich aus alten Bloggertagen seit inzwischen mehr als 15 Jahren freundschaftlich verbunden fühle, hat eine solche Gabe, mit Sprache zu zaubern wie sie, durch deren Fingerspitzen womöglich kein Blut fließt, sondern Feenstaub flirrt. Da steht man schon mal staunend vor Sätzen wie ein Kind vor der Bonbon-Knetmaschine. Und dann hakt der Kiefer aus. Aber Anne kann noch sehr viel mehr. Backen etwa. Und sie hat ein fantastisches Gespür für ganz besondere Rezepte und – für mich als riesigen Krümelmonsterfan entscheidend – für Kekse. Eben das hat sie über Jahre zu einer der gefeiertsten Backbloggerinnen Deutschlands werden lassen, ihre Seite „Die Kekstesterin“ war legendär. Und so wenig ich mich seinerzeit um Foodblogs geschert habe, bin ich ihren Rezepten gern und regelmäßig hinterhergeknuspert und habe vorm Rechner sitzend in Gedanken mein Wohnzimmer vollgekrümelt. Dankenswerterweise hat die liebe Anne ihren Blog, von dem sie sich vor weit mehr als drei Jahren eigentlich schon verabschiedet hatte und den sie auch völlig verschwinden ließ, infolge der Pandemie zumindest wieder ohne Einschränkung der Öffnungszeiten für Besucher aufgesperrt. Kekse, die die Welt verändern: Es gibt sie noch und wieder.
Und wo ich doch schon keinen Glühwein geschlürft habe, wollte ich nun doch wenigstens endlich mal wieder selbst zum Kekstester werden und die herrlich erdnussbutterig krachenden „Rentier-Cookies mit reichlich guter Laune und Espresso“ ausprobieren, die ich bei ihr vor Jahren entdeckt und in die ich mich verguckt hatte. Sie schrieb: „Rentierplätzchen, ich meine rotnäsige Rentierplätzchen mit – und jetzt kommt der Knüller! – crunchiger Erdnussbutter, feinster Espressonote, Salzbrezel-Öhrchen und knallroten Näschen! Deluxe, I would say!“ Ich war und bin angefixt. Und so habe ich tatsächlich mal wieder vor Weihnachten Kekse gebacken. Das zweite, selbst erfundene Rezept für „Ginger snaps“ mit viel Schmackes und frischem Ingwer statt kandierter Zuckerbombe reiche ich beizeiten nach.
Was die Deko betrifft, da kann jeder ja garnieren und verzieren, wie es dem Herzen gefällt. Anne hat nicht lange gefackelt und zu Mini-Salzbrezeln, Mini-Smarties und Espresso-Bohnen gegriffen. Ich habe zu Schokodrops gegriffen statt zu Espresso-Bohnen, damit auch Kinder dran naschen können, ohne kaffee-irre durch die Gegend zu toben. Aber man kann natürlich auch alles eine Runde größer backen und normale M&Ms für die Nasen nehmen, Minis für die Augen und statt Brezeln lieber Schoko-Ohren ansetzen.
Woraus macht man die Knusperstücke?
200g crunchige Erdnussbutter
180g braunen Zucker
100g Butter (bei mir reichten 80g)
Mark einer Vanilleschote
2 EL Milch
1 Ei
0,5 TL Backpulver
0,5 TL Salz
250g Mehl
und Salzbrezeln, Mini-Smarties oder M&Ms sowie Espressobohnen oder Schokodrops für Augen, Ohren und Nase für etwa 35 Rentier-Cookies.

Wie wird’s gemacht?
(1) In einer Schüssel Erdnussbutter, Zucker, Vanille, Butter und Milch gut vermischen und schließlich auch das Ei unterrühren. Ich habe auf die Menge Teig mit zwei Esslöffeln Milch doppelt so viel genommen wie Anne im Original, weil mein Teig doch etwas allzu bröselig war im Anfang, danach funktionierte es aber prima. Dann Mehl, Backpulver und Salz zugeben. Die Teigmasse zu einer 3-4cm dicken Wurst formen, diese an zwei Seiten platt drücken, so dass die Rolle ein wenig an die Form von Rentiergesichtern erinnert. Danach für mindestens eine halbe Stunde kühl stellen (in meinem Fall hat der Teig auf der Terrasse sich unter eisigen Böen ein wenig abgekühlt).

(2) Den Ofen auf 180°C vorheizen, nicht vorab schon zu viel vom wirklich köstlichen Teig naschen, das Backblech oder den Backrost mit Backpapier ausschlagen und von der eingedrückten Wurst etwa halbzentimeterdicke Scheiben abschneiden. Mit den Fingern Bruchstellen nötigenfalls wieder andrücken oder Dellen in Form bringen und mit etwas Abstand aufs Backblech legen (sie dehnen sich beim Backen aber kaum aus, zu viel soziale Distanz muss in diesem Fall nicht sein). Dann für sieben bis acht Minuten rein in den Ofen und backen, bis die Kekse zart gebräuunt sind.
(3) Während die Cookies im Ofen sind, die Deko vorbereiten: Rote Smarties oder M&Ms herausfischen und beiseitestellen. Denn die Montage funktioniert nur, sobald die Kekse aus dem Ofen sind, und dann muss alles fix gehen. Anne schreibt: „Zuerst die Öhrchen eindrücken, dann als Nase in die gegenüberliegende Spitze einen roten Smartie drücken. Zuletzt für die Augen jeweils zwei Espressobohnen einsetzen. Jetzt gilt es nur noch, sich in etwas Geduld zu üben, bis die Kekslein gänzlich ausgekühlt sind.“
In Sachen Deko kann man natürlich auch noch ganz andere Dinge ersinnen. Statt Espressobohnen oder Schokodrops kann man natürlich auch Smarties für die Augen nehmen. Könnte natürlich auch, David-Bowie-Rentiere erschaffen mit je einem blauen und einem grünen Auge. Wer mag, kann natürlich auch noch einen Ziggy-Stardust-Blitz durchs Gesicht pinseln mit Lebensmittelfarbe. Andererseits: Wer mag das schon? Spinner vor. Wer mag und wer mehr Sinn für naturähnliche Deko hat, kann die Brezeln natürlich auch halbieren. Mit komplett runden Brezelgeweihen hat es bei mir zumindest dazu geführt, dass einige Freunde die Rentiergesichter für Fahrradfahrer gehalten haben. Am Ende ist aber auch das wurscht: Hauptsache, es schmeckt. Und wie es das tut. Diese Kekse sind wahrlich ein knuspernd krachendes Krümelgedicht. Saftig, sättigend, hüftvergoldend und köstlich. Danke, Anne!

Musik zum Gekrümel
Was für Musik passt zum Keksebacken? Eine ganze Menge. Songs, die hier besonders gut passen könnten, wären „Rudolph, the red-nosed reindeer“ oder auch Rolf Zuckowskis „Weihnachtsbäckerei“. Beide sind aber derart ausgenudelt, das die Kekse schon beim Gedanken daran labbrig und zäh werden könnten. Nein, hier darf es das Krümelmonster krachen lassen: „C is for cookie“.
Ein Gedanke zu “Wenn Rudolph zwischen den Zähnen knuspert”