Burnt Basque Cheesecake – mit einer ganz besonderen Sauce.

Wenig ist schöner, als Menschen nah zu sein und um sich zu haben, die einem am Herzen liegen. Familie, tolle Freunde. Und so sehr Corona doch immer wieder dazu geführt hat, dass man sich über Monate seltener gesehen und zurückgehalten hat, dass man Treffen aus Vorsicht verschoben oder abgesagt hat. Umso wertvoller ist jedes einzelne dieser Treffen. Und umso schöner finde ich sie, wenn man sich selbst und den Lieben auch kulinarisch eine kleine Freude machen kann. Und noch schöner ist es, wenn die nicht viel Aufwand macht – und Genusslust stillt, die plötzlich aufwallt.
Käsekuchen kann so etwas sein. Auf Käsekuchen, diesen süßsauren Gesellen, können sich ganz viele einigen. Er ist ein wenig wie ein alter Beatles-Hit, der einem über die Jahre andauernd begegnet, irgendwie auch ein alter Hut ist, aber immer noch so voller Raffinesse und Schönheit, dass man jedes Mal aufs Neue begeistert ist, wenn man ihn wieder trifft. Ich selbst, muss ich gestehen, war lange Jahre kein großer Käsekuchen-Fan. Zu oft war die Quarkmasse staubtrocken gebacken, wenig fluffig und vielmehr unglaublich dicht. Erst kürzlich habe ich einige Rezepte entdeckt, die mich wirklich weggehauen haben vor Begeisterung. Eines, einen American Cheesecake mit Passionsfrucht und weißer Schokolade, werde ich demnächst nochmal vorstellen. Der gehört nämlich zur Kategorie „sauleckeres Geduldsspiel“ und braucht einiges an Zeit und freiem Kühlschrankplatz, bis er auf den Tisch kommen kann. Mir für dieses Mal zu aufwendig. Hier gibt es vielmehr einen baskischen Käsekuchen, der der weltbekannten Kochbuchautorin Nigella Lawson in San Sebastian den Mund gewässert und sie so von den Socken geholt hat, dass sie dem Rezept nachgespürt hat und es auch für sich selbst immer und immer wieder backt. Völlig zurecht, ist dieser Kuchen doch so luftig-leicht wie ein Soufflé, so dass Anhänger von Werbespots auf die Idee kommen könnten, er schwimme sogar in Milch. Im Inneren ist er zugleich zartcremig. Und weil der Gute ganz ohne Boden auskommt, ist er mit umso weniger Handgriffen gezaubert. Ganz großes Plus. Das Zusammenrühren der Zutaten dauert nur etwa fünf Minuten. Ebenfalls super.
Ganz besonders fasziniert war ich von dem Rezept (das ich trotzdem minimal variiert habe), weil Nigella Lawson dabei eine Art kulinarischen Spaltpilz als Sauce serviert: Lakritz, zum Sirup eingekocht. Sie serviert den um frische Brombeeren bereichert. Ich habe stattdessen frische Heidelbeeren mit in der Sauce eingekocht. Das Ergebnis ist spektakulär und erfrischend anders als vieles, was man sonst als Saucen zum Kuchen bekommt. Kühn, gewitzt, edel, von dunkler Eleganz und tief aromatisch – aber eben nur für einen Teil der Menschheit: für diejenigen, die Lakritz lieben und nicht verabscheuen (für beides gibt es ja anscheinend gute Gründe). Aber wer Lakritz hasst, kann ja immer noch den fantastischen Käsekuchen backen. Der funktioniert, weil er schön feucht bleibt, luftig ist und aromatische Raffinesse auch im Teig hat, komplett ohne Sauce, aber auch mit pürierten Erdbeeren, mit ein wenig Schlagsahne, mit ungefähr allem, was Ihr gern als Topping für Kuchen nehmt.

Zutaten
Für den Kuchen (20 cm Springform):
600 Gramm Frischkäse (Vollfettstufe)
150 Gramm Zucker
3 große Eier
300 Milliliter saure Sahne (anderthalb Becher)
1/4 Teelöffel Salz
25 Gramm Maismehl oder Stärke
1 Teelöffel Vanille-Extrakt
Für die Lakritzsauce:
20 Gramm Salmiakpastillen oder andere kleine Hartlakritzdragees
90 Gramm Zucker
300 Milliliter Wasser
1 Prise Salz
1 gute Handvoll Heidelbeeren oder Brombeeren
Wie wird’s gemacht?
Achtung! Ganz wichtig, vorab: Die Zutaten müssen zimmerwarm sein, damit sie sich gut und fluffig verbinden, luftige, stabile Verbindungen und Emulsionen bilden. Packt man sie kühlschrankkalt zueinander, kommt am Ende nicht das luftige Kuchenjuwel raus, das dieser Kuchen sein kann.
Also: Zutaten rechtzeitig vorher rausstellen.
Ebenfalls mit in die Zeitplanung einpreisen: Das Backen selbst dauert ne knappe Stunde. Danach muss der Kuchen aber noch zwei bis drei Stunden abkühlen. Wer also nachmittags Besuch empfängt, kann nach dem Aufstehen beim Frühstück entspannt die Zutaten schonmal rausstellen, sie dann am Vormittag fix zusammenrühren, in den Backofen schieben – und nachmittags kann geschlemmt werden.
Nun zur Zubereitung:
1.: Den Ofen bei Ober-/Unterhitze auf 200° C vorheizen, bei Umluft auf 180° C.
2.: Die 20cm-Springform herausnehmen und einem Backpapier-Zuschnitt ausschlagen. So in die Form drücken, dass er möglichst eng ans Metall gedrückt wird und das Papier einige Zentimeter übersteht zu zwei Seiten. Dann – im rechten Winkel dazu – noch einen zweiten Zuschnitt auf dieselbe Weise in die Form drücken (so ist sichergestellt, dass nix ausläuft). Dass es dabei krumpelt und knickt und es Falten gibt: völlig wurscht. Karlsson vom Dach würde sagen: Das stört keinen großen Geist. Und es gehört zum Look des Kuchens. Bestenfalls nen schweren Topf, der in die Form passt, hineindrücken, damit das Backpapier die Form hält, während die nächsten Schritte anstehen.
3.: Den Frischkäse, der unbedingt auf Raumtemperatur sein sollte, und den Zucker mit einem Standmixer oder irgendeinem anderen Mixer auf mittlerer bis höherer Stufe verschlagen, bis er eine samtige, glatte Masse bildet. Nicht unter zwei Minuten, eher drei, vier Minuten lang. Wer per Hand rührt, sollte mindestens fünf Minuten lang schlagen.
4.: Nacheinander – immer abwartend, bis das vorherige sorgsam eingerührt ist – die Eier hinzugeben und kräftig weiter mixen. Dann, nach einer kurzen Weile, die Saure Sahne hinzugießen, munter weiter rührend.
5.: Wenn all das ineinander gerührt ist, darf und sollte der Mixer sich langsamer drehen (um Staubwolken zu vermeiden), denn jetzt wird ganz vorsichtig das Maismehl eingerührt, Teelöffel für Teelöffel. Und auch der Viertel-Teelöffel Salz darf nun mit in den Teig rieseln.
6.: Jetzt zwischenzeitlich mit nem Silikonspatel die Frischkäse-Placken, die sich beim Rühren am Schüsselrand abgesetzt haben, nochmal abschaben, um dann nochmal von Neuem durchzurühren und -mixen, damit die sich besser in der Masse verteilen.
7.: Die Masse in die Form gießen, die Schüssel ausschaben und den Rest hinzugeben. Nigella Lawson empfiehlt, die gefüllte Backform fünfmal auf einen Tisch zu klopfen, um größere Luftblasen herauszuschlagen. Ich selbst habe auf den Schritt verzichtet – vergesslich, wie ich manchmal bin. Hat nix gemacht.

8.: Jetzt geht’s rein in den Ofen (aufpassen, dass das überstehende Backpapier zur Seite weggedrückt ist, nicht dass es an die Heizstäbe gelangt und Feuer fängt!). 50 Minuten lang backen. Die Oberseite des Kuchens sollte am Ende sattgoldbraun karamellisiert und wie ein Soufflé aufgegangen sein. Nicht irritieren lassen davon, dass der Kuchen noch ganz schön wabbelig wirkt, er gart noch nach, und all das gehört zur besonderen Erscheinung. Den Backofen einen Spaltbreit öffnen und den Kuchen sanft abkühlen lassen. Bis zu drei Stunden lang. Es geht auch im Kühlschrank, dann sollte man ihn aber maximal eine halbe Stunde drin lassen.

9.: Jetzt geht’s nur noch für die lakritz-wagemutigen Aromenabenteurer weiter (es lohnt sich, die Sauce ist irre!), und dieser Schritt steht etwa eine halbe Stunde vorm Servieren an:
Wer eine Kaffee- oder Gewürzmühle hat, kann die Salmiak-Pastillen oder Hartlakritze darin einmal kurz zu Pulver schreddern, dann lösen sie sich deutlich gleichmäßiger auf. In jedem Fall gibt man sie dann gemeinsam mit den 300 Millilitern Wasser und dem Zucker sowie der Prise Salz in einen Topf, den man auf niedriger Stufe erhitzt. Zwischendurch immer mal rühren, damit sich alles besser auflöst und nix anbrennt. Wenn alles gelöst ist: Rauf mit der Hitze. Die Heidelbeeren hinzugeben. Weiter rühren, damit nix anbrennt. Das Ganze sollte blubbernd auf die Hälfte zu einem Sirup eingekocht sein am Ende, was schonmal an die 20 Minuten dauern kann.
10.: Zum Servieren den Springformrand abnehmen und das Backpapier plattdrücken. Es darf ruhig rascheln und etwas rustikaler aussehen bei diesem besonderen Kuchen. Zumal: Er würde auch zart auseinanderglitschen bei jedem Versuch, ihn aus dem Backpapierversteck zu heben. Stücke herausschneiden und zum Servieren auf den Teller geben. Wer mag, gießt sich ein wenig der Lakritzsauce dazu. Guten Appetit!

Musik zum Menü
Fast rabenschwarz ist der Heidelbeer-Lakritz-Sirup am Ende. Und weil Käsekuchen ja ein bisschen ist wie alte Beatles-Hits: Was liegt hier näher als „Blackbird“? In diesem Fall aber nicht im Original, weil ja auch dieser Kuchen ein paar Twists bereit hält, sondern in der, wie ich finde, traumschönen Klavier-Jazz-Variante des Brad-Mehldau-Trios.
moin Ole,
Nigella Lawson hat schon klasse Rezepte. Aber Lakritzsauce ist ja schon speziell. Ich kenne Lakritzeis, das ist auch lecker. Oder die Salzlakritze aus dem hohen Norden, z.B. aus der Bonbonkocherei in Eckernförde. Lecker. Ich mag das. Ab und an jedenfalls.
Der Käsekuchen sieht auch genial aus und dank deiner guten Beschreibung kann er auch nur mehr als gelingen.
Liebe Grüße, Katharina
LikeGefällt 1 Person
Meine Liebe, das ist fraglos speziell. Auch sehr intensiv – und das kann man nicht immer haben und auch nicht zu viel auf einmal. Aber als Punktlandung, als konzentrierter Gaumenkitzler, funktioniert die Sauce schon fantastisch. Die Bonbonkocherei in Eckernförde ist natürlich schon ne Wucht. Und witzig, ich hab da auch Salzlakritze mitgenommen, als ich da vor ziemlich genau drei Jahren im Urlaub war, im Schwedeneck. 🙂
Liebe Grüße zurück!
LikeLike
Lieber Ole,
da komm ich doch glatt mal auf Gegenbesuch zu Dir 🙂
Was für ein fantastischer Blog, was für tolle Rezepte, Bilder, Artikel – ich bin schockverliebt und sicherlich nicht das letzte Mal in Deinem Esszimmer.
Käsekuchen mit Lakritzsauce .. oha! Als Käsekuchenfan und bekennender Lakritz-Fanatiker MUSS ich das einmal ausprobieren. Danke für die tolle Inspiration.
Sei lieb gegrüßt von der Bine
LikeGefällt 1 Person
Donnerknispel! Ich bin geschüttelt und gerührt. Wodka Martini nix dagegen. Tausend Dank für so tolle Worte. Mindestens! Und ich komm umgekehrt auch sehr gern immer wieder!
LikeGefällt 1 Person