Serie „Futtern mit Freunden“, Teil 2: Heiko Abbas, der Verwaltungschef aus Weener, backt am Wochenende gern frisch.

Wären die Tage eines Bürgermeisters ein chemisches Element, dann wären sie womöglich eher Darmstadtium, Osmium oder Iridium. Und wären sie Kneipengänger, wären sie womöglich diejenigen, die früh morgens schnarchend nach literweise Schnaps und Bier über dem Tresen hängen: unglaublich dicht.
Mein lieber ehemaliger Kollege Heiko hat sich vor einiger Zeit für solche Tage entschieden – also nicht in der Kneipe, auch nicht weit nicht im Periodensystem, sondern in der Amtsstube. Er hat es geschafft, mit Ende 30 zum Bürgermeister einer kleinen Stadt gewählt zu werden. Schon vorher hatte er, Vater zweier Kinder, Geschäftsführer-Job, durchaus eine Menge zu erledigen. Doch hatte er Lust auf eine neue Herausforderung, Lust vor allem darauf, in seiner Heimatstadt etwas zu bewegen, und so zog er nach Feierabend und an Wochenenden im Sommer in den Wahlkampf, teilweise mit Kind und Kegel, mit Bollerwagen und Dreirädern von Haus zu Haus. Traf Menschen, hörte ihnen zu, traf die Nerven der Menschen, mit denen er sprach – und wurde am Ende mit deutlichem Abstand vor den Mitbewerbern gewählt.
Nun hat er viele neue Aufgaben, muss eine Verwaltung führen, tummelt sich auf Ausschuss- und Ratssitzungen, muss Akten und andere Unterlagen sichten, bekommt Beschlussvorschläge auf den Tisch, erhält Einladungen zu Sitzungen von Vereinen oder Feuerwehren, zu runden Seniorengeburtstagen oder zu Treffen mit Amtskollegen. Fast zeitgleich mit der neuen beruflichen Lebensaufgabe ist er zusätzlich noch zum dritten Mal Vater geworden, und ich frage mich schon manchmal respektvoll: Wie schafft der Mann das alles? Wie flitzt man so energiegeladen und strukturiert durch völlig verdichtete Tage, in denen Termine sich an Termine anschließen, denen Termine folgen, die vor Terminen liegen? Er vermittelt glaubhaft den Eindruck, manchmal weiß er das selbst nicht .Dann scheinen die Dinge um ihn herum einfach zu geschehen und er muss sehen, dass die meisten Dinge so laufen, wie sie sollen – oder zumindest nicht so, wie sie nicht sollen.

Auch an Wochenenden klappt er hin und wieder nochmal den Laptop auf, um liegen gebliebene Aufgaben der vorigen Tage nachzuarbeiten. Da muss manches im sonstigen Leben schnell gehen. Und da gibt es zum Frühstück beispielsweise Blitz-Brötchen. Vor wenigen Tagen hat Heiko mir das Rezept dafür geschickt – uns ich hab‘ mich sehr gefreut darüber: Gibt es mir doch die Chance, die in Ehren kurzzeitig eingeschlummerte Serie „Futtern mit Freunden“ wieder aufzuwecken. Denn durchaus möglich, dass es genau diese Brötchen auch gäbe, wenn ich mich bei ihm und seiner Familie zum Frühstück einladen würde. „Wir machen die wirklich jede Woche – mindestens einmal“, sagt er. Und betont mindestens. „Die schmecken einfach“, sagt er. Und ein Bürgermeister weiß ja oft, wovon er spricht. Ob am Ende wirklich der Bürgermeister selbst die Brötchen backt, oder ob nicht vielmehr seine liebe Frau die krossen Köstlichkeiten auf den Tisch bringt? Geschenkt.
Diese Blitz-Brötchen, es passt zu Heikos Tagen, sind aus Quark-Öl-Teig und schon ein wenig dichter als die Teilchen, für die Hefeteig geruht hat, entspannt Zeit hatte aufzugehen, sie sind unter der krossen Krume nicht ganz so luftig. Aber köstlich sind sie dennoch. Und allein, dass man inmitten dichtester Tage noch Zeit zum Brötchenbacken mit der Familie findet, ihnen beim knusprig werden zusehen kann, sie heiß aus dem Ofen holt, dem Dampf zusieht, wie er empor tanzt, wenn man sie aufschneidet und ein wenig Butter auf die noch warmen Innenseiten streicht und sie schmelzen lässt: Das ist etwas unglaublich Schönes – und Leckeres. Ich habe es ihm heute nachgetan. Das war prima.

Des Bürgermeisters Blitzbrötchen-Rezept
250 Gramm Quark (Vollfettstufe)
400 Gramm Mehl (plus X)
150 Milliliter Milch (zehn Esslöffel) plus ein Pfützchen zum Bestreichen der Brötchen
40 Milliliter Speiseöl (drei Esslöffel)
1/2 Päckchen Backpulver
1/2 Teelöffel Zucker
1/2 Teelöffel Salz
Körner nach Belieben zum Dekorieren
Wie wird’s gemacht?
Die Zutaten (am besten zimmerwarm) zusammenrühren.
Den Quark zuerst reingeben, Zucker, Salz und Backpulver dazu, und dann Milch angießen, Schluck für Schluck. Rühren, rühren, rühren. Bis alle Milch und der Quark eine glatte Masse ergeben.
Dasselbe danach mit den drei Esslöffeln Öl machen. Immer weiter rühren (oder mit dem Mixer kneten).
Dann Staubwolke für Staubwolke, immer ein wenig, das Mehl hinzugeben. Wenn alles Mehl eingerührt ist, sollte der Teig im besten Fall nicht mehr an den Händen kleben. Falls das nicht so ist, immer ein bisschen Mehl zusätzlich hinzugeben (ab hier am besten per Hand weiterkneten, bis nix mehr klebt, das kann durchaus ein paar Minuten dauern).
Ofen auf 180 bis 200° C vorheizen.
Aus dem fertigen Teig Kugeln formen, Größe und genauere Form bleiben Euren Vorlieben überlassen. Einen Schluck Milch in eine Teetasse geben und die Brötchen damit hauchdünn bestreichen. Am Besten auf ein Rost stellen über der Spüle. Dann kann überschüssige Milch abtropfen. Die Milchbestandteile karamellisieren im Ofen und sorgen für eine knusprigere Kruste. Wenn man aber zu viel Milch auf den Klumpen streicht, karamellisiert es sich am Blechboden dunkelbraunschwarz und wird bitter und schmeckt… nun ja. Das also vermeiden. Es soll ja lecker werden.
Dank des Milchfilms halten dann Sesam- oder Mohnkörner oder Sonnenblumenkerne oder was immer Ihr gern auf Brötchen esst, dann besser. Die kann man in eine gesonderte Schüssel schütten. Milchbestrichenen Teigklumpen nehmen, einmal in die Körnerschüssel tunken, mit der unbetunkten Seite auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen. Das Blech in den Ofen schieben. Und jetzt kann man, während man mit Kindern spielt, Mails beantwortet, Termine vorbereitet oder einen neuen Rasenmäher bestellt, nebenbei zusehen, wie die Teilchen im Ofen knusprig werden. Wenn sie richtig schön golden sind, vielleicht nach 15 bis 20 Minuten, rausnehmen. Und dann kann das Frühstück so richtig beginnen.
Musik zum Frühstück
Wenn man ehrlich ist, sind Blitze schon etwas schneller als die Brötchen fertig geknetet und im Ofen sind. Aber verglichen mit vielen anderen sind die schon fix. Wo wir bei Blitz sind, Blitzen Trapper sind ja eine famose Band. Und ein bisschen passt das zusammen. Und „Furr“ kann man sowieso, aber auch zum Frühstück super hören, um gut in den Tag zu kommen.
Heiko als Bürgermeister ist ja für die Verwaltung der Boss. Und er liebt auch den „Boss“, also Bruce Springsteen. Nicht nur, weil Weener als Stadt direkt an der Ems liegt, dort, wo noch mindestens zwei Jahre kein Zug den Fluss queren kann, sondern einfach, weil er den Song so mag, gibt es hier zusätzlich „The river“. Heikos Lieblingslied vom Boss. Passt auch prima zu Knusperbrötchen.
Schon der Text war ein Schmaus. Wenn die Brötchen dann auch so lecker werden, dann wird es richtig gut.
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Sie sind anders als Bäckerbrötchen. Dichter. Aber durchaus ganz prima. Und tausend Dank für die lieben Worte!
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moin Ole, die Brötchen klingen sehr lecker und dein Bericht ist, wie immer, auch interessant. Danke schön und eine schöne Restwoche, Katharina
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Die wünsche ich Dir auch, meine Liebe. Wenn ich ganz ehrlich sein darf, sind mir Brötchen auf Hefeteigbasis immer noch lieber, weil das hier schon sehr dicht und klitschig ist (ich stell‘ hier ja nicht MEIN Lieblingsrezept vor, sondern eins von einem Freund). Aber sie gehen recht fix, machen nicht viel Aufwand und schmecken schon ganz gut. 🙂
Dir auch eine schöne Restwoche.
P.S.: Sind in den vergangenen Tagen eigentlich Kommentare von mir bei Dir aufgeploppt. Sowohl zum Kochbuch-Rezept, wo Du die Ehre der erneuten Aufnahme in den Kreis der tollsten hattest, wie auch sonst hatte ich zuletzt versucht zu kommentieren. Weil mein Google-Konto aber zu meinem alten Blog, „Nachrichten aus Absurdistan“ führt, trag ich dann lieber Namen und Homepage selber ein. Und nach dem Abschicken wirkt es immer wieder, als stürze da was ab. 🙂
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