
Schon bevor alles so schlagartig teurer wurde, kratzten viele sich angesichts von Nullzinsen am Kopf in der Frage: Wie macht man das Beste aus dem, was man hat? Wer konnte und wollte, investierte in Betongold. Wer derart viel übrig hatte, hat sich Gold vielleicht sogar barrenweise gekauft und irgendwo in unterirdischen Tresoren, vor Gierfingern und Inflation geschützt, gebunkert. Wer allerdings schlicht das Beste aus einem Nachmittag mit guten Freunden machen möchte, kann auch in Hüftgold investieren. An welchem Tag Gott Schokolade schuf, verschweigt die Bibel leider, aber Kenner wissen, wie göttlich dieser Genuss sein kann.
Entsprechend lohnt es, einen ebenso fantastischen wie simplen Schokoladen-Kuchen backen, dessen Genussrendite-Erwartungen längst nicht nur Hedgefonds-Manager zurecht für gigantisch halten. Einen Kuchen, dessen Kalorienzahl auch durch Pi geteilt mutmaßlich immer noch größer ist als das Bruttoinlandsprodukt von, sagen wir, Vanuatu. Aber ein Kuchen, der nicht nur seiner Form wegen eine verdammt runde Sache ist, der zwar mächtiger als mancher Finanzminister ist, aber die schokoladige Schlawiner-Sünde durch grandiosen Genuss und verführerisches Vergnügen mit Zins und Zinseszins zurückzahlt. Ein kulinarischer Hauptgewinn.
Zu verdanken hat die Welt dieses Rezept, das mir schon vor Jahren vom Fleck weg die Sinne übergehen ließ, Jamie Oliver. Es steht in seinem famosen Debüt „Naked Chef“, zu Deutsch: „Kochen mit Jamie Oliver“. Darin verschmelzen Sahne und Schokolade zu einer köstlichen Ganache, die sich auf einem knusprigen Mürbeteigboden breit macht. Das Ganze ist super leicht zu machen (und nicht ganz so leicht zu verdauen, aber das ist es wert). Der Legende nach ist diese famose Schokocreme in Paris um das Jahr 1850 in der Patisserie Siraudin entstanden. Der Lehrling des Hauses soll versehentlich heiße Milch über die Schokolade geschüttet haben, beides verrührt haben, um sein Missgeschick zu vertuschen und daraufhin vom Meister als Dummkopf (= Ganache) beschimpft worden. Der Meister merkte danach aber, wie gut das war, was der Lehrling da versehentlich geschaffen hatte. Der Name für die Creme blieb, die seitdem in anderthalb Jahrhunderten ungezählte Hüften vergoldet und Zungen vor Begeisterung schnalzen lassen hat.
Achtung: Der Kuchen ist zwar mit ganz wenigen Handgriffen gemacht, braucht aber tatsächlich eine Menge Ruhe, Verdauungsschlaf quasi. In Summe kann das schon auf vier bis fünf Stunden kommen, auch wenn die reine Zeit, die man mixt und rührt und knetet kaum mehr als eine Viertelstunde einnehmen.

Zutaten
Für den Mürbeteig
125 Gramm Butter
100 Gramm Puderzucker
1 Prise Salz
250 Gramm Mehl
2 Eigelbe
2 Esslöffel kalte Milch oder kaltes Wasser
Für die Schokoladen-Füllung
300 Milliliter Schlagsahne
2 gestrichene Esslöffel Zucker
1 kleine Prise Salz
ein halbes Paket Butter
450 Gramm Kochschokolade/Kuvertüre (tut Euch den Gefallen und nehmt gute – ich hab auch dunkle und Vollmilch je zur Hälfte gemischt)
100 Milliliter kalte Milch
Kakaopulver

So wird’s gemacht
SCHRITT 1: Den Teig vorbereiten
Butter mit Zucker und Salz zackig verrühren (die Küchenmaschine spart Zeit und Aufwand, wer vorher aber schonmal Kalorien verbrennen will, kann das natürlich auch mit dem Schneebesen per Hand machen). Die Eigelbe hinzugeben und kurz schaumig rühren. Danach langsam und schrittweise das Mehl hinzugeben, bis sich eine krümelige Masse ergibt. Milch oder Wasser hinzugießen und dann kurz kneten, bis der Teig eine glatte Masse bildet.
Ziel ist es, all das sehr rasch zu tun, nicht ewig kneten oder rühren, sonst wird der Teig eher gummiartig, zäh und elastisch statt knusprig-knackig – und er zieht sich dann im Ofen zusammen.
Den Teig in eine Wurst- oder Kugelform rollen, in Frischhaltefolie oder besser noch einen wiederverwendbaren Silikonbeutel stecken und gut eine Stunde im Kühlschrank kühl stellen und ruhen lassen.
Dann in etwa halbzentimeterdicke Scheiben schneiden, diese in eine – vorher mit Butter oder Öl dünn gefettete – Springform (28 Zentimeter) drücken, wie ein Puzzle zusammensetzen und danach nochmal eine Stunde ruhen lassen, falls Platz im Gefrierfach ist, gern auch da.
Dann 15 bis 20 Minuten bei 180° C backen, bis der Teig golden (!) ist. Wenn der Kuchen direkt aus dem Tiefkühler in den heißen Ofen kommt, ist Blindbacken (den Teig mit Backpapier ausschlagen und mit Hülsenfrüchten füllen, um die Teigränder vorm Umklappen zu schützen) eigentlich überflüssig. Sonst eben blindbacken oder etwas krumpelige Ränder riskieren. 🙂
Komplett abkühlen lassen!

SCHRITT 2: Die Füllung herstellen
In einem Topf die Sahne mit dem Zucker und der Prise Salz aufkochen. Sobald sie sprudelt und kocht, sofort von der Platte ziehen, die Butter und die Schokolade (bevorzugt vorher kleingehackt, beides) mit einem Schneebesen einrühren, bis sie sich aufgelöst haben. Dann die Melange etwas abkühlen lassen, die kalte Milch einrühren – bis die Masse glatt wird und glänzt. „Manchmal sieht es so aus, als würde die Mischung gerinnen. In diesem Fall noch ein wenig abkühlen lassen und mit etwas zusätzlicher kalter Milch glattrühren“, rät Jamie Oliver.
Die Ganache dann mit einem Spatel auf dem gebackenen (und abgekühlten) Teigboden verteilen. Gegebenenfalls ein wenig hin- und herschwenken, damit sich alles schön gleichmäßig verteilt. Dann nochmals 1 bis 2 Stunden auf Zimmertemperatur abkühlen lassen, damit sich die Masse setzt und schnittfest wird. Dann den Kuchen durch ein Sieb mit Kakaopulver bestäuben. Bestenfalls ist der Kuchenteig wunderbar knusprig und kross und das Messer schneidet durch die Füllung wie durch Butter.
Wer aus Hüftgold Hüftplatin machen möchte, kann dazu noch Sahne schlagen, leicht gezuckert.
Ich finde aber, er macht sich insbesondere zu Obstsalat fantastisch, etwa einem Gemisch aus einer kleingewürfelten Mango, einer Handvoll Trauben, vielleicht auch einer Passionsfrucht oder zwei, etwas Honigmelone, Nektarinen etwas Zucker, einer winzigen Prise Salz, etwas Limettensaft. Jedenfalls mit fruchtiger Säure, die die satte Mächtigkeit des Kuchens erfrischend kontert.

Musik zum Hochgenuss
Dieser Kuchen verspricht quasi bergeweise schokoladigen Hochgenuss. Was also passte musikalisch besser zu Genuss und Fressnarkose als der abgekochte Zeitlupen-Soul von „Chocolate hills“ von Khruangbin & Leon Bridges? Wenig, glaube ich.
So wenig ich die Klangästhetik der 80er eigentlich mag: Der spinnerte Funk-Quirl von The 1975 mit „Chocolate“ kriegt mich dennoch.
Weil der Kuchen kein finanzieller, aber eben ein kulinarischer Hauptgewinn ist: Wer in Hüftgold statt Betongold investiert, mag ähnlich viel Geld wie Kalorien verbrennen, zumal er es immer wieder wollen wird. Zeit für „Money left to burn“ von Kettcar.
Der sieht verdammt gefährlich aus…😎😋
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Der ist auch bis an die Zähne bewaffnet. Mit Kalorien.
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Kalorien?
Sind das die, die die Hosen im Schrank enger machen?
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die haben extra dafür ne Nähmaschine entwickelt!
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Wonderful my friend. If I ever make it to your home country, we will go out to eat .
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Huge thanks, Ted! Feel kindly invited! Meanwhile also invited to try the recipes (the translation hopefully works alright), should some catch your interest!
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Hallo Ole, auch wenn ich Süßes nicht so mag, macht dein wunderbarer Text den Beitrag lesenswert. Liebe Grüße Cornelia
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Danke, dass Du ihn sogar trotzdem gelesen hast. Ganz liebe Grüße. 🙂
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Man muss wahrlich aufpassen, wenn man nach Verzehr Hüftgold mit sich trägt. Da kommt einer mit dem Tranchiermesser daher und säbelt einem die Lenden ab, um sie im Tresor als Goldanlage zu verstauen. Leider dürfte diese keine lange Haltbarkeit besitzen 🙂
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In Kürze muss man mutmaßlich vor Metalldieben schon zittern, wenn die alten Knochen ein bisschen eingerostet sind 🙂
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🙂
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Der Schokokuchen sieht wahrlich himmlisch aus.😋 Da nimmt man Hüftgold gerne als Nebeneffekt mit.😉
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Glänzt ja zudem auch toll 🙂
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Nachdem ich erst kürzlich in einem Schokoladenpudding ähnlich hüftvergoldender Qualität schwelgen durfte bietet sich ein Vergleichstest geradezu an 😊
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Ich hoffe, er besteht. Aber ich bin zuversichtlich. Susanne K. liebt ihn zumindest zurecht auch seit Jahren 🙂
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Den Pudding wiederum muss ich mal testen
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Mmmh, das braune Gold „at its finest“ – der Kuchen sieht ganz und gar köstlich aus. Wichtig auch der Hinweis, eine hochwualitative Schokolade zu wählen. Wennschon, dennschon…
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Genau. Sonst bleibt er hinterm Potenzial zurück 🙂
Hab nen tollen Tag!
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Es gibt nichts besseres als Hüftgold, also immer her mit dem Kuchen. Falls du überhaupt teilen möchtest.
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Hilfe ich habe mich verlaufen………und finde immer neue Schätzchen, aber damit warte ich noch bis die große Hitze vorbei ist …… Danke für diese tolle Leckerei und den Lesegenuss 🙂
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Fühl Dich herzlichst willkommen! Sieh Dich gern nach Herzenslust um. Käse, Wein, Joghurt und Bananenmilch und frische Erdbeeren sind im Kühlschrank. Make yourself at home. 🙂
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