
Wie schmecken eigentlich gekochte Flughunde? Vor ein paar Tagen hatte ich eine Idee. Und manchmal verwirft man Ideen ja auch wieder. Es war am vorigen Donnerstag, mein Handy klingelte und am anderen Ende der Leitung meldete sich Harro Füllgrabe. Der ist Reporter im Privatfernsehen, ein sehr netter Kerl, und er spürt seit Jahren besonderen Extremen nach. Er hat Schwefelträger auf Java begleitet, ist auf den Spuren von Hippies durch Kalifornien gereist, hat brutal schnelle Autos und besonders verrückte Hotels getestet. Als wir telefonierten, kam das Gespräch auch auf eins seiner Abenteuer, in dem er mit Eingeborenen im Dschungel Flughunde gejagt, über offenem Feuer gekocht und gegessen hat. Meine Fantasie sprudelt gern über, turnt lebhaft umher, weckt die Sinne, lässt sie toben – aber wenn ich versuche mir vorzustellen, w Flughunde schmecken, muss ich blankziehen. Und nun kam die Idee: Für meine kleine Serie „Futtern mit Freunden“ könnte ich Harro doch nach einem Rezept für gekochte Flughunde fragen.
Nun knuffen mich manche Leser aber ja so schon regelmäßig, wo sie die ganzen Zutaten herkriegen sollen, die in meinen Gerichten umherspuken. Und wenn man eben nicht in besonderen Dschungeln lebt oder am Rand der Lagune von Koggala im Süden Sri Lankas, dann rennt einem so ein Flughund ja auch nicht einfach über den Weg. Und liegt auch nicht gefangen, gefroren und tiefgekühlt in irgendeiner Truhe. Und jetzt selber in die Tropen fliegen, sich durch den Dschungel schlagen und da dann selber Flughunde jagen ohne zu wissen, wie man das überhaupt schlau anstellt: ist schon ein bisschen aufwendig, oder? Passt schlecht in die Mittagspause. Mal ganz abgesehen von der Frage, ob Harro selbst sich das Rezept eigentlich gemerkt hat und sich im Ansatz dran erinnern könnte. Kann der schlaue Kopf wahrscheinlich. Aber sei es drum.
Alles Quatsch. Fort von meinem Kessel, Flughunde. Ich möchte Euch wirbelige Flederviecher eh leben lassen. Weil toll, und weil man auch nicht auf den Schirm noch nicht gejagter Schurken bei Batman geraten möchte – für den Fall, dass er seine Verwandten rächt. Daher habe ich die Idee, so sehr mein Herz für Unfug schlägt, wieder verworfen. Und das, was ich Euch stattdessen hier kredenze, ist ein rein vegetarisches, immer wieder gern variiertes Rezept, das ich im Sommer gern mache, wenn wenig Zeit, große Genusslust und viel Hunger einander auf der Straße begegnen. Das Ganze geht ziemlich fix und ist mindestens so lecker.
Ein Hauch von quirligen Basar-Gassen, man hört und spürt fast Canettis Stimmen von Marrakesch, während Löffel für Löffel auf der Zunge zergeht. Bissfest-zarter Bulgur (noch lieber nehme ich Mograbieh, den Riesen-Couscous, den es in arabischen Läden gibt), schon im Kochwasser aromatisiert mit Ras-el-hanout, Zu deutsch „Kopf des Ladens“ genannt für die Auslese aus dem Angebot des Gewürzhändlers, verbindet es je nach geheimer Mischung Kreuzkümmel, Koriandersamen, Kurkuma, Ingwer oder Galgant, Kardamom, Muskatnuss und -blüten, Zimt, Erdmandel, langen Pfeffer, Cayenne-Pfeffer, Guinea-Pfeffer, Kubeben-Pfeffer, Nelken, verschiedenste Chilis, mitunter Knospen oder Blüten der Damaszener-Rose, Fenchelsamen, Oreganos, Schwertlilien-Rhizome, ja sogar Vogelbeeren und aus aphrodisierenden Gründen in Marokko gern auch ein wenig zerriebene spanische Fliege. Kein Scherz.

In diesem frisch gewürzten Bett lasse ich dann gern meine heiß geliebten, monderröteten Ofentomaten gemeinsam mit in der Wärme der knackigen Kugeln angeschmolzenem Schafskäse, Schalotten– oder Zwiebelringen, Gurken, vielleicht einem Hauch Knoblauch und frischen Chili-Ringen, etwas geriebener Schale der Zitrone, vielleicht aber auch eingeweichte getrockne oder frische Aprikosen, zerschnitzte Paprika, Fenchel, sehr gern auch Granatapfelkernen… was immer im Gemüsekorb gerade sich eingenistet hat. Das Zusammenspiel von Salzigkeit und Säure, von fruchtiger Süße und herber Frische macht die Sache so wundervoll. Und dazu gern ein mit Zitronen– oder Limettensaft oder Sumach als knuspriger Alternative angesäuerter, zart gesalzener Joghurt. Und oben drauf frische Kräuter: Koriander, glatte Petersilie, Minze. Das Ganze ist im Grunde fast ein am Ende lauwarm gegessener Salat. Wer mag, kann ihn ohne Weiteres zum Hauptgericht machen. Aber er macht auch eine blendende Figur zu gegrillten Auberginen, Bratwürsten, gegrilltem Huhn, überhaupt auf einer Grilltafel: was immer Euch gerade einfällt.
Zutaten
Wie gerade erwähnt, landet in diesem Gericht gern bei mir Unterschiedlichstes, das gerade zur Hand ist. Aber ich versuche mal eine Variante.
250 Gramm Bulgur oder Mograbieh (Couscous geht auch, mag ich von der Konsistenz aber weniger gern, weil matschiger)
200 Gramm Hirtenkäse, Feta, Halloumi, Paneer oder anderer Weißkäse, gewürfelt
100 Gramm Ofentomaten
1/2 rote Paprika, entkernt, in Ringe oder Würfel geschnitten
1 rote Zwiebel oder Schalotte
1 Knoblauchzehe, fein gewürfelt
1 rote Chili, entkernt, in feine Ringe geschnitten
5cm Gurke, längs geviertelt, dann in dünne Scheiben geschnitten
1/2 Granatapfel, die Kerne rausgepult, oder 1 Esslöffel Granatapfelkerne ausm Glas
1 Zitrone oder Limette, Schale abgerieben/in Zesten gerissen
250 Gramm Joghurt
Salz
Zucker
1 gehäufter Teelöffel Ras-el-hanout
So wird der warme Bulgur-Salat gemacht
Den Bulgur, Mograbieh oder Couscous mit in etwa doppelt so viel Wasser bedecken, mit einem Teelöffel Salz würzen und den gehäuften Esslöffel Ras-el-hanout dazugeben. So verteilt das Gewürz sich gleichmäßiger. Zum Kochen bringen mit starker Hitze, dann auf niedrige Hitze runterschalten und köcheln lassen, bis die Körner die Flüssigkeit aufgesogen haben. Zwischendurch mal rühren, damit unten nix ansetzt oder gar anbrennt. Bei Instant-Couscous kann es auch reichen, kochendes Wasser aufzugießen und das Ganze ziehen zu lassen. Schaut Euch die Packungsanleitung an. Das Würzen empfehle ich trotzdem.
Währenddessen den Joghurt mit 1/2 Teelöffel Salz, dem Saft einer halben Zitrone oder Limette oder einem Teelöffel Sumach sowie 1/2 Teelöffel Zucker verrühren. Kühl stellen und während des Kochvorgangs ziehen lassen.
Ansonsten wascht, schält und schnippelt, was immer Ihr reinschnippeln mögt. Wenn die Grundmasse fertig gezogen ist, den gewürfelten Feta reingeben, durchrühren und verteilen, damit alle Stücke gleichmäßig Hitze abbekommen, auch Ofentomaten und Zwiebeln und Chili und eventuell Knoblauch und Paprika zugeben. Ziehen lassen, vielleicht fünf Minuten.
Dann noch die frischen Gurken hinzuschnippeln, das Ganze eventuell mit einer guten Prise Zucker abschmecken, die Zitronenzesten einstreuen, Granatapfelkerne drüber drapieren und frische Kräuter waschen, kleinschneiden und drübergeben. Fertig.
Serviert dazu wie oben beschrieben, was immer Euch beliebt, falls Ihr es nicht einfach wie ich als Hauptgericht essen möchtet. Sehr vieles passt. Und da können Flughunde mutmaßlich einpacken.

Musik zum warmen Couscous-Salat
Wenn es schon Bulgur oder Couscous gibt, darf es auch einen solchen Song geben. Den hier, spinnert, funky, rau, von Benny Greb mag ich sehr gern.
Und weil es ja manchmal flott gehen muss und einen nicht nur der Hunger treibt, hier noch was Treibendes: „Wolf like me“ von TV On The Radio.
Und während ich die Dschungel-Episode mit Harro nicht mehr gefunden habe: Hier ist eine mit ihm und Menschen, die einen Höllenjob als Schwefelträger in Indonesien machen.
Flughunde….so was wie Fledermäuse…da dreht sich mein mitteleuropäischer Magen sofort um…gut dass ich mich größtenteils vegetarisch ernähre, da finde ich dein Bulgursalat viel interessanter. Die Gewürzmischung gibt es ja sogar bei Rewe. Muss ich ausprobieren.
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Die Gewürzmischung liebe ich sehr. Und Flughunde essen würde ich nie freiwillig. Und ebenfalls jederzeit Vegetarisches vorziehen. 🙂 Schönen Start in die Woche!
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Vermutlich würde ein Flughund, in deutschen Landen konventionell zubereitet so wenig schmecken wie griechischer Retsina vor dem heimischen Kaminfeuer 😉. Und Ras El Hanout macht fast alles besser- ich hab seit Jahren meine eigene Mischung. Schönenborn bunten Sonntag wünsche ich 😊
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Ras El Hanout macht so einiges besser. Und Schönenborn? Schreibst Du öfter über Jörg oder mit Jörg, dass Deine Autokorrektur das kennt? 😀 Beim Rest fehlen mir Retsina und Kamin gleichermaßen, um das beurteilen zu können. Kretischer Raki knallt zu Hause aber auch ganz gut. 😀
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Schönenborn ist mir gänzlich unbekannt 😅ich wollte nur einen schönen Sonntag wünschen
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Das hab ich mir gedacht. Autocorrect can burn in hello 👋🏼😁
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😁
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Gekochter Batman hätte vermutlich für großes Aufsehen gesorgt. Gut, dass doch die vegetarische Variante kreiert wurde. Wer weiß, ob man man bei Einverleibung nicht auch Superheldenkräfte bekommt 🙂
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Mallybeau Fledermauswohn, flughunderbare Superheldin. Da können Asterix’ Zaubertrank oder Gummbärensaft mutmaßlich einpacken. 🙂
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Der gekochte Flughund wäre wohl ein einzigartiges Elebnis gewesen.😜 Solltest du jemals in Versuchung kommen, dann schau ich mir das glatt an und würde wohl auch probieren.🙈🤣
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Mutmaßlich zäh wie Kaugummi – und nichts, was mich vor Begeisterung geifern ließe. 😀
Aber sollte ich tatsächlich wider Erwarten in Versuchung geraten, sag ich gern Bescheid. 😉
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Tauuuuusendmal lieber als gekochter Flughund ist mir dein herrlich in Szene gesetzter Bulgur-Salat!
Alles Liebe zu dir!
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