
Vor ein paar Tagen haben liebe Freunde von mir edel geheiratet, und vor der Hochzeit wurden beide getrennt voneinander befragt, was für ein Tier der Partner wäre – wäre er oder sie ein Tier. Beide waren Elefanten. Ich habe mich selbst getrennt von mir befragt und würde sagen, ich bin ein Erdbär. Weil ich Erdbeeren so liebe. Zurecht, übrigens. Und weil es davon völlig unabhängig in den vergangenen Tagen immer wieder sehr heiß und ich ein bisschen vergesslich war, ist dieses Rezept entstanden. Denn ich hatte ein wenig weiße Schokolade gekauft und die Tafel ein wenig in meinen Rucksack gesteckt, und als ich sie kaufte, war sie kühl und knackig, und als ich sie irgendwann abends wieder traf, hatte sie sich in konturloses Gewabbel verwandelt. Sie war geschmolzen. Im Rucksack vergessen, war sie völlig aus der Form gegangen.
Und dann fragte sich der gefühlte Erdbär, was er denn damit an Tollem aushecken und anstellen könnte. Klar, einfach in den Kühlschrank stecken, dann wird sie wieder knackig. Aber nun besteht ja weiße Schokolade vor allem aus Zucker und Kakaobutter und im weitesten Sinne aus Milch(pulver) und ein bisschen Vanille, im besten Falle echter, meist eher Aroma. Jedenfalls hüpfte dem Erdbären von geringem Verstand eine seltene Idee ins Nebenhirn: Warum die Temperatur nicht noch steigern? Der ganze Zucker in der Schokolade wird sich doch prima karamellisieren lassen und mit Kakaobutter und Milch(pulver) fast so etwas wie Sahnekaramell ergeben, oder? Und weil ich eh noch Erdbeeren da hatte und weil ein Pott mit Mascarpone schon seit ein paar Tagen ungeduldig mit dem Unterboden geknurrt hat, weil er doch gern in ein Dessert verwandelt werden wollte (Frösche verwandeln sich gern in Prinzen und umgekehrt, bei denen weiß man das, Gregor Samsa verwandelt sich in einen Käfer, Mascarpone hängt das mit seiner Verwandlungslust weniger an die große Glocke).
Mit weißer Schokolade lassen sich helle Saucen und Suppen glänzend ergänzen, ähnlich wie dunkle etwa Chilis bittersatte Aromen verleiht und das Ganze verblüffend famos abrundet. Nun habe ich beim großen Kochphysiker Thomas Vilgis gelernt, dass Erdbeeren sich fantastisch mit Sojasauce vertragen. Karamell wiederum ist ja heimlich verliebt in weißes Miso und erstrahlt so richtig, wenn er darauf trifft. Weshalb ich dachte: Mit einer doppelten Umami-Kanone muss ich jetzt nicht auf die Erdbeeren losgehen, aber ein bisschen Miso mogele ich mal hinein. Und weil Erdbeeren sich wiederum aromatisch perfekt mit Basilikum ergänzen: Ich hatte doch gerade diesen überaus flüchtigen Moment in meiner Küche – einen frischen, knackig grünen Topf Basilikum. Unverwelkt, unverblasst.
Und so machte ich mich ans Werk. Zu meiner Überraschung schmolz die weiße Schokolade zwar an, hörte damit nach kurzer Zeit aber auf, als sei sie während des Schmelzens eingeschlafen – so wie übermüdete Eltern eigentlich doch noch nen spannenden Spielfilm gucken wollen, aber gar nicht mehr auf dem Sofa ankommen, weil sie beim Kind-Eintopfen weggeschlummert sind. Flugs gewendet, hatten sich die Zucker auf der Unterseite des Schmelzes aber bereits in goldbraunes Karamell verwandelt, und so habe ich ein halbes Glas Milch hinzugegeben, das ganze mit einem Spatel gewendet und fortan blubbernd mit einem Schneebesen verrührt. Eine Prise Kardamom hinzu, ein wenig Miso – und meine Fresse, war das lecker. Und süß. Und lecker. Und süß. Und lecker.
Und das Ganze erst recht mit in Limettensaft, Zucker und etwas Salz (betont die Süße und Aromen) mazerierten Erdbeeren und Ricotta, der nur mit einer winzigen Prise Salz und Milch glatt gerührt wurde. Der Rest ist ja süß genug, der Kontrast wird nur umso reizvoller. Velleicht sogar mit noch etwas dunkler Schokolade drübergeraspelt oder gehackten Cashews für etwas Crunch und zusätzlichen Wumms wird daraus eine Kombination, bei der nicht nur Erdbären und Paare, die sich für Elefanten halten, hingerissen niederknien. Und das Ganze lässt sich prima in heißer Milch auflösen als quasi weißer Karamell-Kakao, und auf Brot streichen als zuckersüße Versuchung.

Zutaten
frische Erdbeeren, so viele Ihr mögt
Saft von einer Limette (auf 500 Gramm Erdbeeren bei 1/3 TL Salz und 1 Esslöffel Zucker), Schale zuvor abgerieben
200 Gramm weiße Schokolade (nehmt schon Gute, welche zudem, die keinen Maissirup oder Isoglucose enthält)
1/2 Teelöffel Weinstein-Backpulver (optional, aber es hält das Karamell nach dem Erkalten vom Kristallisieren ab)
1/2 Teelöffel weißes Miso (Shiro Miso), optional, aber es bringt Umami-Wumms und lässt Aromen strahlen
1/2 Becher Milch (optional mehr, je nachdem, wie flüssig Ihr es gern hättet)
1/3 Teelöffel Kardamom,
eine Handvoll Cashewkerne, sehr fein gehackt
200 Gramm Mascarpone
2 Esslöffel Milch
1 Messerspitze Salz
Zubereitung
Die Erdbeeren waschen, die grünen Lemmingfrisuren abschneiden, zuckern, vorsichtig salzen und mit dem Limettensaft mazerieren (heißt: einlegen und tränken) sowie die Schale dazugeben. Ziehen lassen, gern eine halbe Stunde oder länger, nicht aber bis zum nächsten Tag. Erdbeeren sind empfindliche Geschöpfe. Die Mimosen unter den Köstlichkeiten quasi.
Die Schokolade in eine Pfanne bröseln und bei sanfter, niedriger (!) Hitze erwärmen und schmelzen lassen, so gut es eben schmilzt. Mit einem Silikonspatel regelmäßig umrühren und wenden, damit nix schwarz wird und verkohlt.
Wenn die Schokolade goldbraun karamellisiert ist (es kann sein, dass sie etwas brockig wird), die Milch angießen, Kardamom dazurieseln und mit einem Schaumbesen durchwirbeln. Wer eine beschichtete Pfanne hat, nimmt bitte keinen Stahl-Schaumbesen, weil: Kratzer sind böse. Silikon hilft.
Nicht ungeduldig werden bei der Schokolade, dank der sanften Hitze dauert es etwas, kann schon bis zu einer Viertelstunde dauern. Wenn das ganze Gebrodel blubbert, immer weiterrühren, in kurzen Rührpausen aber das Backpulver sowie die Cashewkrümel hinzugeben.
Den Mascarpone aus dem Kühlschrank nehmen, zwei Esslöffel Milch und eine kleine Prise Salz dazugeben sowie die Limettenschale und gut verrühren, bis sich eine glatte Masse ergibt.
Zum Servieren einen guten Schlag Mascarpone nehmen, die mazerierten Erdbeeren darauf geben, mit etwas noch warmem Karamellsirup übergießen und ein paar frische Basilikumblätter dazugeben. Im Zweifel noch etwas dunkle Schokolade drüberraspeln. Voilà!
Musik zur Erdbeer-Karamell-Sünde
Wer Erdbeeren liebt und Cashews kleinhacken will, braucht ein gutes Messer und gute Musik. „You are a knife“ von Veto verbindet beides aufs Beste.
Mensch Ole, was für ein kulinarisches Fest! Und dank des Erdbären von geringem Verstand las ich den Rest des Textes mit Harry Rowohlt im Ohr. Hach. Das muss ich ausprobieren.
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Das schmeckt sicher auch gut mit literweise Whisky in der Rübe, während man im Dickdurst Flann O‘Briens At Swim-Two Birds durchpflügt 🙂 Oder mit Pu rumpeldipumpel vom Baum plumpst 🙂
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