Monströs köstliche Spinat-Hirtenkäse-Taschen: Knusperkissentrolle zum Niederknien

So lieben Kinder Spinat: in Blätterteigtaschen mit Feta kleingemixt mit Tomaten. Knusprig und köstlich. Mit lustigen Monstergesichtern.

Phantasie, knistere! Prickle auf der Haut, wecke die Sinne aus Schlummer, lasse sie brodeln, toben und beben, übersprudeln, auf wilden Wellen wogen, durchs Unterholz jagen, Tiefen ausloten, wilde Abenteuer erleben! Lasse Gischt schäumen, Glut beben, Hafer stechen, den Schalk in den Nacken klettern und das Gewohnte aus den Angeln heben. Lasse ihn Wörter zerpflücken, mit Buchstaben jonglieren. Ist doch „Phantasie, knistere“ auch nichts anderes als ein Anagramm von Spinat-Hirtenkäse. Und Hirtenkäse ist ja quasi Feta, nur aus Kuhmilch.

Was aber kaum einer weiß: Spinat und Hirtenkäse sind der Stoff, aus dem ganz besondere Monster sind: Knusperkissentrolle. Mitunter schrumpelnasige, windschiefe Gestalten, deren von heftigstem Sonnenbrand aufgeknusperte Haut schon abblättert, ja teilweise zu krümeln beginnt. Nicht untypisch zu sein scheint, dass Knusperkissentrolle aus teils schiefen zahnlosen Schlünden grinsend potenziellen Widersachern entgegentreten. Über Jahrhunderte war die Existenz der in der Regel nur wenige Zentimeter großen und breiten Lebewesen mythenumrankt und nicht belegt, Kaum etwas ist bislang über Sozialverhalten der und Lebensräume der Kreaturen bekannt.

Erst infolge der bahnbrechenden Forschungsergebnisse des international anerkannten, kürzlich für den „Goldenen Blogger“ nominierten Brotologen Dr. Zany, dessen unerschrockene Beobachtungen über Verhaltensweisen und Aggressionspotenzial wild lebender sibirischer Springbrötchen für berechtigtes Aufsehen gesorgt haben, sind unerschrockenen Forschern erste Sichtungen gelungen. Schwierig genug, ducken die kleinen Unholde von der gedrungenen Gestalt sich doch überwiegend ins Unterholz wild wuchernder Laubwälder, bevorzugt unter Ahornsetzlingen, wo sie ihrer Beute aufzulauern scheinen.

Allzu viel über das Paarungs- und Jagdverhalten der Knusperkissentrolle ist bis heute nicht bekannt, da die wilden Wichte sich von Verblüffen und Überraschung zu ernähren scheinen, und wer ihnen aus zu großer Nähe begegnet, den springen sie womöglich an und überrumpeln ihn derart, dass ihm vor Verblüffung Hören und Sehen und damit auch Schildern vergehen und die Erinnerungen sich in der Folge auflösen wie ein Toastbrot im Regen, wie ein betrunkener Hund im Zorn ohne Grund.

In seltenen Begegnungsfällen sind infolge der Begegnungen herumliegende Erinnerungssplitter gefunden worden, aus denen sich zumindest vage Schilderungen ergeben haben. Berichte, wonach Knusperkissentrolle in tiefergelegten, mit Heizspiralen ausgekleideten Dachsbauten oder illegal entsorgten Backrohren leben, konnten trotz erheblichen Forschungsaufwandes bislang nicht bestätigt werden.

Ebenso wenig validiert werden konnte bisher die Forschungshypothese, wonach es sich bei den Knusperkissentrollen um eine dem Stollentroll entfernt verwandte Art handeln könnte und sie damit den Schattenparasiten zuzurechnen wäre. Dagegen spricht eine völlig anders geartete Beschaffenheit der Haut, die seltenst ledrig, in aller Regel nicht grün und kaum pockennarbig zu sein scheint. Ebenso wenig gibt es, anders als bei Stollentrollen, Hinweise auf Kiemenatmung und notorisches Lügen. Dem Vernehmen nach gibt es noch größere Knusperkissentroll-Populationen in den Bergwäldern Absurdistans, indes sind zuletzt auch vereinzelte Exemplare in ostfriesischen Gehölzen entdeckt worden. Wahrscheinlicher scheint, dass die Knusperkissentrolle artverwandt mit Burak, dem Börek sind – dem osmanischen Gegenspieler von Bernd, dem Brot.

Kürzlich erst allerdings ist es dem international anerkannten Apokalypsologen Professor Pirckheimer gelungen, ein Exemplar eines Knusperkissentrolls zu fangen. Pirckheimer hatte zweifelhafte Bekanntheit erreicht durch Berechnungen vor Jahrzehnten, wonach der Venusmond Tetra seine Umlaufbahn verlassen hatte und dessen Aufprall auf die Erde kurz bevorstehe. Dies hatte ungezählte Frührentner und Senf-Hamsterkäufer in die Wurzelbürsten- und Badezusatz-Abofalle gelockt.  Mit einem aus einem Kiosk eines Küstenbadeorts geklauten Plastikkescher. Ich selbst glaube ja, dass die Knusperkissentrolle zu den Krümelmonstern gehören. Pirckheimer zufolge könnten Knusperkissentrolle auch mit Kängurus verwandt sein, nur dass sie keine gesonderte Bauchtasche haben, sondern selbst eine solche Tasche bilden, die zugleich Magen und Verdauungstrakt zu sein scheint.

Seine Erkenntnisse hat Pirckheimer in seinem umstrittenen Traktat „Liber de monstris fabulosis tostus ex spina et casei pastorum“ zusammengefasst. Im Magen der Monster will Pirckheimer überdies Spuren zerkleinerter Tomaten, Zitronenthymians und einer an Parmesan erinnernden Substanz gefunden haben, was die These einer Erschreckensernährung widerlegen könnte. Letzten Endes kommt es nur auf den Wahrheitsgehalt der Lüge an. Er selbst indes zählt diese zu den Körperbausteinen der Unholde, über die er mutmaßt, dass diese eventuell auch einer anderen Schöpfung entspringen. 

Mögliche Belege dafür zieht Pirckheimer aus dem aztekischen Schöpfungsmythos „Popol vuh“, wonach die Götter beispielsweise Menschen aus Lehm, aber auch aus weißem und gelbem Mais erschufen,  „Da ist keineswegs abwegig, dass dieselben Götter auch Monster aus Spinat und Hirtenkäse formten“, schreibt Pirckheimer, wobei er zudem von einer Verwandlung der Wesen unter großer Hitze ausgeht, was die Textur der Außenhaut erklären würde, aber auch eine Art Brut in direktem Kontakt zur Abwärme einer Art Feuerquelle nahelegt.

Ob Knusperkissentrolle wutschnauben? Immerhin schrieb der berühmte Schriftsteller Thomas Bernhard einst: „Der Zorn ist eine Folge der immer noch viel zu hohen Temperaturen der Schöpfung.“ Von allzu zornigen Auswüchsen ist indes nichts bekannt. Eher starren die knusperkrossen Kollegen etwas apathisch und starr vor sich hin. Und wenn man Professor Pirckheimer glauben kann, sind sie auch sehr lecker. Denn er hat heimlich einen, den er gefangen hat, verspeist. Angeblich monströs gut.

Zutaten für die monströsen Spinat-Hirtenkäse-Taschen

2 Packungen Blätterteig, gekauft, frisch
500g Spinat, entweder frisch und feingehackt oder tiefgekühlt
200g Hirtenkäse oder Feta
1-2 Tomaten, gern vollreif (ich habe eine Ochsenherztomate genommen)
2-3 EL Parmesan
1 EL Zitronenthymian-Blätter oder 1 TL gerebelten, getrockneten Thymian
ein paar Blätter Zitronenverbene, falls zur Hand
1-2 TL abgeriebene unbehandelte Zitronenschale
1 Ei (optional)
schwarzer Pfeffer
Salz

So werden die monströsen Spinat-Hirtenkäse-Taschen zum Leben erweckt: Knusperkissentrolle ahoi!

Um die krossen Monster zum Leben zu erwecken, fangen wir beim Spinat an: ist er frisch, dann wird er gewaschen, getrocknet. Ist er tiefgekühlt ins Haus gekommen: einmal auftauen lassen. In meinem Fall kam er wiederum in der Erntekiste der Solawi aus Potshausen. Die Tomaten halbieren, den Strunk entfernen – und falls es sehr wässrige Discountertomaten sind, auch eventuell die Samen samt Flüssigkeit rauslöffeln: Sonst wird es am Ende zu feucht und matschig und läuft eventuell sogar aus.

Weil Kinder ja eigentlich keinen Spinat zu mögen glauben, diese Teile aber lieben, wenn sie sie probiert haben, kann man nun den Spinat grob gehackt mit grob zerbröseltem Hirtenkäse oder Feta samt Lake und den Tomatenhälften, dem (Zitronen-)Thymian, eventuell auch der Zitronenverbene und dem hinzugeriebenen Parmesan in einen Mixtopf einer Küchenmaschine geben und das Ganze hauchfein zu einer glatten Paste schreddern.

Man kann natürlich auch einfach den Spinat (wenn frisch) mit dem Messer feinhacken (tiefgekühlt und aufgetaut entfällt der Schritt), den Feta oder Hirtenkäse in Würfelchen schneiden und die Tomate fein würfeln, den Parmesan hinzureiben, die Kräuter hinzugeben und das Ganze einfach in einer Schüssel vermengen. Das gibt noch einen Hauch mehr Textur, dann kleben aber auch schneller Spinatfitzelchen in den Zahnzwischenräumen.

Nun heizt man den Ofen schonmal auf 180° Ober-/Unterhitze vor, legt eine der zwei Blätterteigrollen flach – entrollt sie auf ein Brett und verteilt die Spinat-Feta-Masse in acht Häufchen mit Abstand darauf. Dann legt man die zweite entrollte Blätterteigdecke passgenau obendrauf, drückt sie von außen fest und um die monströse Füllung herum auch, um sie dann mit einem Messer in mehr oder weniger gleichmäßige Kissenportionen zu teilen. Deren Ränder rolle ich dann gern aufwärts von außen nach innen, damit an den Rändern nichts raussuppt. Dann werden sie auf ein mit einer Silikonbackmatte oder mit Backpapier ausgeschlagenes Backblech gelegt, und wer mag, kann ihnen dann mit der Spitze eines Fleischthermometers, einer Stricknadel oder einem Messer noch lustige Gesichter verpassen.

Für noch etwas mehr Knusper, Bräune und etwas mehr Saftigkeit kann man noch ein Ei in einer Tasse verschlagen und die Monster damit bepinseln. Das Ganze wandert danach für etwa 20 bis 30 Minuten in den Ofen, wo die mit Spinat, Feta / Hirtenkäse und Tomate gefüllten Knusperkissentrolle dann würzig aufknuspern und zum Leben erwachen. 

Musik zum monströsen Gemampfe

Wie war das mit Pirckheimer? Er legt eine Art Brut mit Nähe zur Feuerquelle nahe? Okay, die Steilvorlage habe ich absichtlich eingebaut. Hier kommen Art Brut: „My little brother“.

Und weil diese Blätterteigtaschenmonster oder Knusperkissentrolle auch Kindern schmecken und weil das Ganze etwas Magisches und Versponnenes hat, und weil ich das Lied als Kind oft gehört habe, weil meine Mutter das so gern mochte, und weil Blätterteig auf Englisch „puff pastry“ heißt, gibt es jetzt zudem: „Puff the magic dragon“ von Peter, Paul & Mary.

Und weil ich mich für die tolle Katharina weiterhin so freue, dass sie für einen „Goldenen Blogger“ nomiert war, wie auch Dr. Zany, und weil ich beiden auch gewünscht hätte, den Preis zu holen – und weil Katharina aus Mannheim kommt, der hier schon vorgestellten Geburtswiege des Spaghetti-Eises und weiterer bahnbrechender Erfindungen – und weil diese Band einfach verflixt gut ist, kommt hier noch die Mannheimer Band The Intersphere mit ihrem sehr schönen Titel „Linger“.