Ein leckeres Nudelgericht zu Ehren der orangenen Revolution, im Herzen mit der Ukraine verbunden.

Draußen strahlt die Sonne, schickt ihre Strahlen übers Land. Krokusse und Märzenbecher recken sich ihr entgegen, während sie reihenweise für schlechte Gewissen sorgt, weil sie Dreck und Staub auf den Fensterscheiben funkeln lässt, die man viel zu lange nicht geputzt hat. Die Sonne hat sich wieder nach Hause verirrt, nachdem sie wochenlang fort war, als wäre sie vom Kippenholen nicht zurückgekehrt oder hätte sich nach einer langen Clubnacht sturztrunken verlaufen. Und plötzlich fühlt sich vieles wieder nach Frühling an. Erste Buschwindröschen lugen zwischen verdorrten Blättern aus der Erde im Park, die Hortensien knospen wieder, Blaumeisen, Buchfinken, Zaunkönige treffen sich zur ersten Chorprobe, der Specht wirbelt dazu mit dem Schnabel auf der Ahornrinde. Eichhörnchen reiben sich Winterschlafkrümel aus den Augenwinkeln und tanzen wieder über die Äste des Haselstrauchs. Es ist fast grotesk idyllisch, wäre da nicht der Schatten der düsteren, brachialen, brutalen und unfassbaren Ereignisse in der Ukraine. Der Angriffskrieg von Putin, der hilflos, sprachlos, betroffen macht.

Kurz hatte ich darüber nachgedacht, für den aktuellen Beitrag Poutine, das kanadische Nationalgericht, zu kochen, auf dass man Putin zerbeißen, mit den Backenzähnen zermalmen und ihn uns zum Fraß vorwerfen könne. Oder anzuregen, das Gericht umzubenennen, weil nichts derart Köstliches verdient hat, auch nur ansatzweise zu klingen wie der gnadenlose Despot. Beides habe ich verworfen, weil es ungewollt am Ende ein klein wenig klingen könnte, als wollte ich Witze über Schreckliches machen. Das möchte ich nicht. Zu tief rührt mich all das an. Ich habe auch kurz überlegt, Borschtsch zu kochen oder Blini zu backen. Aber auch da würde mir, voll der finsteren Eindrücke, selbst jeder Bissen im Halse stecken bleiben. Ich kann und will über die schrecklichen und Furcht einflößenden Entwicklungen nicht hinweggehen. Aber für den Moment hilft womöglich auch keinem ein zu politischer Beitrag in einem Blog, der sonst eher leichtfüßig und verrückt ein bisschen Essen feiert

Und so feiere ich heute Orangen. Als liebe- und respektvolle Anspielung an die orangene Revolution in der Ukraine vor etwa 17 Jahren. Denn jetzt gerade blüht nicht nur der Frühling auf, noch ist auch Hochsaison für köstliche Zitrusfrüchte, und noch bekommt man tatsächlich auch in vielen Supermärkten Bio-Orangen, was im Rest des Jahres schwierig ist. Wer mich kennt, weiß, dass ich einen Hauch von Zitrusfrische im Essen liebe, und äußerst gern mag ich auch den süßzartbitteren Hauch, milder und umarmender als Zitrone, weniger forsch als Limette. Deswegen gibt es hier heute stattdessen köstliche Ratzfatz-Pasta. Ein Rezept, das richtig schnell geht und ein Stück weit die vegetarische Schwippschwägerin eines meiner Lieblingspasta-Rezepte ist – und das ich abgewandelt habe von einem ebenfalls köstlichen Rezept aus dem wirklich famosen, preisgekrönten Kochbuch „365“ von Meike Peters. Streng vegetarisch wird das Gericht indes erst dann, wenn man etwa Montello Parmesan statt herkömmlichem nimmt, der mit mikrobiellem Lab hergestellt wird.
Hier verbindet sich die dampfend heiße Pasta mit einer kühlen Sauce, in der die zartsüße Säure von Orangen sich mit der satten Vollmundigkeit von Parmesan, der cremigen Milde von Ricotta, einer ordentlichen Prise Salz, einem Hauch Thymian und der Keckheit roten Pfeffers. Knusprige Salbeiblätter ziehen den Aromenfächer in überraschende Richtungen weiter auf und lassen es beim Zubeißen knistern. Die Sauce ist in vielleicht zwei Minuten zusamengerührt, und so ist es zugleich ein herrliches Essen für hektische Tage, aber eins, das nach Mehr schmeckt und Frühlingsgeister weckt.

Zutaten
reicht für zwei sehr Hungrige oder mehr Leute, die weniger verputzen
500 Gramm Pasta (Linguine, Spaghetti, was immer Ihr gern esst)
200 Gramm Ricotta (wer keinen kriegt: Frischkäse geht auch)
100 Gramm Parmesan, gerieben, plus mehr zum Drüberraspeln
1 Bio-Orange, Schale mit einem Zestenreißer oder einer Reibe abgeschrubbelt, eine Hälfte gepresst
2 Zweige Salbeiblätter, abgezupft
1 Teelöffel frische Thymianblätter (oder 1/4 Teelöffel getrocknete)
Salz
roter Pfeffer
Olivenöl

Wie wird’s gemacht?
Pasta in Salzwasser nach Anleitung al dente garen.
Währenddessen den Parmesan reiben, die Orangenschale abreiben, die Orange auspressen und die Hälfte des Safts mit dem Ricotta verrühren (es sollte nicht zu flüssig, aber angenehm cremig werden).
Die Thymianblättchen in der Creme rührend verstecken und das Ganzemit den Parmesanreibseln vermengen. Nach eigenem Geschmack noch mit einer ordentlichen Prise Salz abschmecken.
Wenn die Pasta fast fertig ist, etwas Olivenöl in einer kleinen Pfanne auslassen und kräftig erhitzen. Darin dann die Salbeiblätter etwa 10 bis 20 Sekunden von jeder Seite schmurgeln lassen, bis sie knusprig sind, duften, aber noch nicht schwarz und bitter werden.
Die Pasta abgießen und sofort die kühle Creme darübergeben, nach Gusto ein paar rote Pfefferkörner darüber streuseln, ebenso den Orangenabrieb darauf rieseln lassen und mit ein wenig Parmesan krönen.
Fertig. Guten Appetit!


Musik zum Menü
Die strahlende Sonne macht Lust zwischen Krokussen hindurch über Wiesen zu toben. Beschwingt zu tanzen. Macht Lust auf so vieles. Weckt Lebensgeister. Und das tun auch The Coral in „Dreaming of you“.
Gleich noch ein bisschen weitertanzen kann man dann mit Maxïmo Park und „By the monument“.
Und um die herrliche Orange ein wenig auch musikalisch zu feiern. Gibt’s hier noch ein bisschen wildes Geschnodder von der Jon Spencer Blues Explosion. „Orange“.
Was für ein sonnenfrohes Geschmacksfest auf dem Teller! Das will ich als absoluter Zitrusfan gerne ausprobieren. Und lass uns wünschen und hoffen, dass bald wieder ein friedliches Zusammenleben möglich ist.
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Ich hoffe und glaube, es ist weiterhin möglich und unverzichtbar! Ich weiß nur nicht, wie dem geiferschäumenden Gigantomanen beizukommen sein könnte. Aber ich freu mich sehr über Deine Worte. Und hoffe sehr, es wird Dir schmecken, wenn! Danke für den Besuch 🙂
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Hallo, Vielen Dank für das leckere Rezept.Ich habe noch knusprig frittierte Garnelen dazu gemacht und Tomatensalat, mein Mann als Pastafreak meinte, das sei lecker aber unnötig gewesen. Auch der Tipp mit dem Kinderbuch war ein Erfolg für unsere Enkelkinder. Liebe Grüße an Maxi (meine Altersgenossin )und Ingo, Christiane und Friedrich
Von meinem iPad gesendet
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Liebe Christiane, wie schön! Freut mich sehr, dass es Euch anscheinend geschmeckt hat. Wobei ich nicht ganz verstanden habe, ob die Garnelen, der Tomatensalat oder das Grundrezept lecker, aber unnötig waren. 🙂
Dass der Kinderbuchtipp ein Erfolg für die Enkel war: Umso schöner. Ich liebe das Buch wirklich sehr. Und ich freue mich, dass Ihr hier offenbar mit Freude mitlest. Danke dafür.
Ganz liebe Grüße auch mit Dank zurück von meinen Eltern! 🙂
Herzliche Grüße!
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