
Draußen benieselt Regen die Bürgersteige. Wer mit dem Hund rausmuss, zieht die Kapuze tief in die Stirn und den Kragen höher – und schnauft grantig, wenn der Kläffer sich nicht entscheiden kann, wo er nun sein Geschäft erledigen möchte. Wolken ziehen langsam. In Mausgrau, Staubgrau, Aschgrau, Steingrau, Bleigrau, Zementgrau. Wulnikowski juckt dies wenig. Er schnurrt in der Küche, murmelt „mmmmmhhhh“ und „oooooohhh“ und „aaaaahhhh“, als ob der leibhaftige Biolek in ihn gefahren wäre. Zarte Süße knistert auf seiner Zungenspitze, umtanzt von wagemutiger Säure. Im Rachen schlingelt Chili als kleiner Brandstifter, schickt sich an, ihn seines Atems zu berauben. Kleine Schauer prickeln seinen Gaumen entlang. Und ein Hauch von Kokos schmeichelt den Sinnen. Was ist da los? Eigentlich hat Wulnikowski nur gekocht. Hat zusammengeworfen, was noch so da war – Süßkartoffeln, Paprika hat er vorher im Ofen geschmurgelt, Ingwer, Kaffir-Limettenblätter, Kokosmilch – und nun sitzt er da, seine Gedanken wenden sich vom tristen Grau vorm Fenster ab, springen in den nächsten Flieger nach Bangkok, um von da aus mit dem Tuktuk an entlegene Palmenstrände zu brausen. Und er schwärmt still in sich hinein und grinst, als er denkt: „Eigenlob stimmt – manchmal“. Und dann fällt ihm ein kleines Kinderlied ein, das er aus dem Stand umdichtet: „Draußen kann es regnen, stürmen oder schnei’n, doch die Suppe schmeckt ja wie der Sonnenschein.“ Und dann schüttelt er den Kopf über sich selbst, denn das Ganze ist eigentlich viel zu gut und intensiv, um albern zu werden.
Es ist ein schnelles Süppchen mit wenig Arbeitsschritten – umso mehr, falls man da hat, was man dafür braucht. Und es ist durchaus köstlich.
Zutaten
3-4 Süßkartoffeln (750-1000 Gramm), geschält, in Würfel geschnnitten
4cm Stück Ingwer, geschält, kleingehackt
2 Paprika, entkernt, Strunk rausgeschnitten, zunächst einfach halbiert oder geviertelt
2 Dosen Kokosmilch à 400 ml
6 Kaffir-Limetten-Blätter (wer hat: gern frisch, getrocknete einfach in warmes Wasser einlegen und fünf Minuten ziehen lassen, dann die Strünke rausschneiden)
2 rote Zwiebeln, geschält, fein gewürfelt
1 Chili, je nach Schärfevorliebe entkernt, kleingeschnippelt
1 Glas Wasser (250ml oder so)
optional: 1 Zitronengras-Stängel, Wurzelende abgeschnitten, mit dem Messerknauf plattgedrückt und in drei, vier Stücke geschnitten und gemeinsam mit den Kaffir-Limetten-Blättern in einen Teebeutel gesteckt (zugebunden)
1 Bund frischer Koriander, eventuell auch Thai-Basilikum, falls zur Hand
Salz
Rapsöl
Gutes Weißbrot, mit etwas Olivenöl beträufelt (thai-untypisch, aber lecker), mit einer winzigen Prise Salz bestreut und geröstet, zum Servieren.

Wie wird’s gemacht?
Paprika halbieren, den Strunk samt der Kerne entfernen, auch das weiße Bindegewebe wegschnippeln. Flachdrücken, eine Prise Salz drüberstreuen, ein wenig Öl draufträufeln und dann auf einem mit Backpapier belegten Rost im Ofen 15 Minuten direkt unterm Grill auf höchster Stufe grillen. Aufpassen, dass es nicht allzu schwarz wird. Dann die Hitze abschalten und ziehen lassen. Das darf auch länger sein, zumindest aber für die Dauer der weiteren Kochschritte.
Zwiebeln und Ingwer schälen, sehr fein würfeln, in etwas neutralem Öl oder Butter bei niedriger Temperatur golden anschwitzen, vielleicht fünf Minuten lang.
Chili eventuell entkernen, auf jeden Fall aber in feine Ringe schneiden und dazugeben.
Süßkartoffeln schälen und in Würfel schneiden, keine Ahnung, vielleicht 2 Zentimeter dick. Mit in den Topf geben und kurz mit anschwitzen.
Das Ganze mit der Kokosmilch und dem Wasser aufgießen, die Kaffir-Limetten-Blätter hinzugeben, eventuell auch den Teebeutel mit dem Zitronengras, und etwa 20 Minuten offen – nun auf mittlerer Stufe – köcheln und etwas einkochen lassen. Hier und da mal umrühren, damit nix ansetzt, aber auch der Teebeutel mit den Gewürzen ein bisschen umherwandert, um seine köstlichen Aromen ausschwärmen zu lassen.
Hinweis: Man kann das Zitronengras und die Limettenblätter natürlich auch direkt in die Suppe geben, kann das Zitronengras auch in feine Ringe schneiden. Aber Zitronengras bleibt auch nach längerem Köcheln oft hart, kann im blödesten Fall im Hals kratzen wie eine Fischgräte, daher ist die Variante mit dem Teebeutel ähnlich aromatisch, aber halsschonender. Und die eher wachsigen Limettenblätter sind auch nix, worauf man allzu gern herumkaut.
Den Teebeutel aus dem Pott fischen.
Die gerösteten Paprika aus dem Ofen nehmen und in Streifen schneiden und zur Suppe geben. Noch fünf Minuten mitköcheln lassen. Wer das schicker findet, kann auch ein Viertel der Paprika beiseite lassen, dann den Pürierstab aus dem Schrank holen und alles einmal kurz und klein und schaumig rühren (und die restlichen Paprikaschnitze auf dem Teller hinzugeben als schicke Deko).
Am Ende mit Salz abschmecken (könnte auf etwa einen Teelöffel hinauslaufen) und mit frischem Koriander und/oder Thai-Basilikum servieren. Guten Appetit!
Musik zum Menü
Vor wenigen Tagen ist mit Taylor Hawkins ein Großer im doppelten Sinne schweren Herzens von uns gegangen, Schlagzeuger von Alanis Morrissette und vor allem Drummer der Foo Fighters. Von Brustschmerzen gepeinigt, einen Drogencocktail von mindestens zehn Substanzen im Körper. Weswegen, auch wenn das nix mit Thai zu tun hat, ich ihm die diesmalige Musik zum Menü widme. Und wie der Kerl auch singen konnte. Hier ist sein letzter Auftritt zu Lebzeiten. Am 18. März in Chile.
Zudem gibt’s hier noch den unterschätztesten Foo-Fighters-Song in meinen Augen. Ein womöglich verkanntes Juwel, hier in einer mitreißenden Live-Version (deren Sound allerdings übersteuert und zart scheiße ist): February Stars. Trotzdem groß!
Ein Gedanke zu “Kleiner Aufwand, großes Kino: Süßkartoffel-Kokossuppe mit Thai-Aromen”