
O Spargel, Ihr bitteren Stangen!
Die Welt, sie vergeht vor Verlangen
nach Euch, doch ich wage
es und stell‘ die Frage:
„Was soll ich nur mit Euch anfangen?„
Nicht wenige Gourmets werden schon irgendwann im Frühling hibbelig. Wie nass und kalt mag es werden? Wie früh oder spät mag es soweit sein, dass – endlich – Schwärme oft osteuropäischer Werkvertragsarbeiter ausrücken, um neben Erdwällen knieend Winkelmesser hineinzustechen und den ersten Spargel aus dem Boden zu zupfen? Dann wird Kochschinken aus Supermarktregalen und Fleischervitrinen gerissen, Thomy-Fertig-Hollandaise-Tüten werden aufgeschnippelt, Schäler geschwungen. So mancher versucht sich auch an einer echten, selbst gemachten Hollandaise.
Ich selbst runzle ob des Aufruhrs gern die Stirn. Feinschmecker könnten über mich die Nase rümpfen: Ich habe Mitleid mit Hummern, weil ich sie überaus sympathisch finde – und esse sie nicht. Ich habe die Jubelstürme, die Foie gras oder Kaviar umflirren, nie verstehen können. Nicht, dass wir uns falsch verstehen: Ich mag Spargel durchaus. Hier und da mal. Spargelcremesuppe kann ein Gedicht sein. Und doch fällt es mir schwer, den Hype zu verstehen. Ich würde lügen, wenn ich sagte, dass mir die Sinne übergehen vor Wonne, dass ich gurre und schnurre, Zunge schnalze, nur weil sich diese weißen phallischen Triebe nun zum Dutzend auf einem Porzellanoval vor mir auf einer Festtafel türmen. Als etwas richtig Edles. Wenn, schnapp‘ ich mir dann eher Kartoffeln, Schinken und Butter und vielleicht ein kleines Stänglein, bin damit sehr zufrieden und lass‘ es damit bewenden. Ich gönne jedem seine Spargelbegeisterung. Selbst welche verspürt habe ich allerdings erst vor einiger Zeit, als ich ein Spargelrezept entdeckt habe, das so ganz anders ist als die klassischen, denen man hierzulande begegnet. Und wo doch nun gerade noch Spargelzeit ist, dachte ich, stell‘ ich auch mal ein Spargelrezept vor.
Hier tummelt sich kein weißer, sondern grüner Spargel, den ich persönlich feiner im Geschmack finde – und er springt hier per Köpper in ein Aromen-Freibad, in dem im knusprigen Pfannkuchen selbst scharfe, fermentierte Chilipaste aus Korea (Gochujang) umherkrault, in dem auch Frühlingszwiebeln ihre Bahnen ziehen, Koriandergrün freundlich winkt. Und als aromatischer Wellenmacher wird das Ganze ergänzt mit einem Dip, in dem Sojasauce, Honig, Sesam, Knoblauch, Chili und Ingwer sowie Limettensaft ihr Unwesen treiben. Das Ursprungsrezept – ich will mich nicht mit fremden Federn schmücken – findet sich im wirklich irrwitzig inspierenden Kochbuch „Flavour“ von Yotam Ottolenghi und Ixta Belfrage (das kann ich jedem, der Lust auf aufregende, besondere Aromen hat und darauf, vertraute Lebensmittel ganz neu zu entdecken, nur ans Herz legen – und das ist rein unbezahlte Werbung, das Buch habe ich von einer guten Freundin geschenkt bekommen). Ich habe es zart variiert. Und ich glaube, selbst die, die Spargel klassisch lieben, werden es auch mit dieser Variante tun – und können das Gemüse zugleich nochmal ganz neu kennenlernen, aus anderer Perspektive. Gut daran ist auch: Das Ganze geht sehr fix. Und die Pfannkuchen werden dank der Chilipaste knall-orange und bringen Farbe in den Tag.
Zutaten
Für 2 Personen (vier Pfannkuchen bei einer Pfannengröße von 18 Zentimetern, in einer 28er Pfanne werden es eher zwei bis drei, dann aber auch größere)
Teig:
- 200 Gramm Mehl (das Original sieht 135 Gramm Mehl und 60 Gramm Reismehl vor, ich kann die feinen Unterschiede kaum erkennen)
- 1 Ei
- ein Drittel Bund Koriander (etwa 5 Gramm), grob gehackt
- 0,3 Liter eiskaltes Wasser
- 1,5 Esslöffel Gochujang (koreanische Chilipaste, gibt es in der Regel im Asia-Laden. Vorsichtshalber nach „koreanischer Chilipaste“ fragen – mein Asialaden führt sie, wusste mit Gochujang aber nix anzufangen. Wer Schärfe nicht so verträgt, nimmt weniger, wer es fetzig magt, schaut selbst, wie viel er mag)
- 1 rote Chilischote, entkernt, halbiert, dann in feine Ringe geschnitten (je eine Hälfte braucht man für die Pfannkuchen und für den Dip)
- 400 Gramm grüner Spargel (frisch, damit er nicht zu holzig ist, die dennoch holzigen Enden aber abgeschnitten, die Stangen der Länge nach halbiert)
- 6 bis 7 Frühlingszwiebeln, ebenfalls der Länge nach halbiert
- 4-5 Esslöffel neutrales Öl
- Salz
Dip:
- 50 Milliliter helle Sojasauce
- Ein Schluck Wasser (damit der Dip nicht zu intensiv wird)
- 1 Esslöffel flüssigen Honig
- 1 Esslöffel Sesam, ohne Fett in einer Pfanne geröstet und geschwenkt
- Saft von 1/2 Limette, frisch gepresst
- 1 Esslöffel feinst gewürfelten Ingwer
- 1 Knoblauchzehe, gepresst
- die andere Hälfte der Chilischote von oben
weitere frische Korianderblätter, gewaschen und gezupft als Garnitur
So wird der Spargel-Pfannkuchen gemacht
Für den Dip alle Zutaten – Sojasauce, Wasser, Honig, Sesam, Limettensaft, Ingwer, Knoblauch, halbe Menge Chiliringe – einfach miteinander verrühren. (Manches beim Kochen kann so einfach sein) Abschmecken, weil je nach Größe der Limette vielleicht noch etwas mehr Süße nötig werden könnte zum Ausgleich. Eventuell auch noch nen Schuss Wasser hinzugeben, damit es nicht zu sojalastig wird.
Für die Pfannkuchen: Das Mehl mit einem halben Teelöffel Salz in einer großen Schüssel ordentlich vermengen. Dann eine Mulde ins Mehl drücken.
In einer zweiten Schüssel das Ei mit dem Wasser mit dem Gochujang, dem grob gehackten Koriander und den restlichen Chiliringen verrühren und leicht verquirlen. Das Gequirle in die Mulde der ersten Schale gießen (langsam) und den Teig kurz glattrühren. Nicht übertreiben. Etwa fünf Minuten stehen lassen.
In einer Pfanne 18 einen guten Esslöffel Öl erhitzen, auf mittlerer bis hoher Stufe. Wenn es heiß ist, ein Viertel der halbierten Spargelstangen parallel zueinander hineinlegen, mit einer kleinen Prise Salz würzen und 1,5 bis 2 Minuten unter mehrfachem Wenden anbraten. Sie sollten weich werden und etwas Farbe annehmen.
Dann auch ein Viertel der Frühlingszwiebeln hinzugeben parallel zu den Spargelstangen und mitschmurgeln. Aber eher eine halbe Minute.
Dann ein Viertel des Teigs über die Stangen und Zwiebeln gießen, möglichst ebenmäßig verteilen. Etwa drei Minuten bei mittlerer Hitze brutzeln. Dann wenden. Von der anderen Seite nochmal ebenso lang backen, bis der Pfannkuchen von beiden Seiten orange-golden und knusprig ist.
Den Pfannkuchen auf einen warmen Teller legen, gern auch bei 50 Grad in den Backofen stellen) – und das Ganze noch drei Mal wiederholen (oder so lange, bis Ihr alle Zutaten aufgebraucht habt, je nach Pfannengröße).
Mit frischen Korianderblättern garnieren, den Dip entweder über den Pfannkuchen löffeln – oder in eine Schüssel füllen und den Pfannkuchen einstippen.
Musik zum Menü
Wenn es hier schon um Spargel geht, dann darf hier die zu Unrecht völlig unbekannte und ziemlich feine, kleine Indie-Band Asparagus mal ins Scheinwerfer Licht (warum nur benennen Bands sich nach Spargel?). Und zwar mit ihrem kleinen Hit „Changez“. Auch das passt ja: Denn hier im Rezept hat sich Spargel ja auch ein bisschen verwandelt und erscheint in ungewohntem Kontext.
Das schaut ja mal sehr gut aus…😀
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Das freut mich sehr! Und so schmeckt es auch, finde ich!
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Ja! Ich bin auch Team Grün beim Spargel 😉 Der Hype gründet sich bestimmt aus dem Umstand, dass es Spargel zeitlich nur sehr begrenzt gibt – genauso wie Rhabarber oder Blutorangen. Mein früherer Chef sagte immer zu mir: Willst du was gelten, mach dich selten … Gilt auch für Gemüse, finde ich!
Alles Liebe! 🙂
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Grün ist definitiv knackiger, kräftiger und würziger! Und rockt ganz bestimmt in Kombination mit Koriander, Ingwer und Chilli! Spannendes Rezept!
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