
Von Niklas Jansson – Android Arts
„Ich bin in einer Glaubenskrise.“
„An wen hast Du denn geglaubt?“
„Ich glaube, das führt zu weit.“
„Und woher, glaubst Du, rühren dann das Ei oder die Henne Deiner Ungewissheit?“
„Es ist eher eine Fremdglaubenskrise.“
„Was soll das denn sein?“
„Man glaubt mir nicht.“
„Wer ist denn man?“
„Na, fast alle.“
„Auch die, die Dich gar nicht kennen?“
„Mit denen habe ich noch nicht gesprochen.“
„Aber alle anderen?“
„Ich fürchte.“
„Und was glauben sie Dir nicht?“
„Dass ich eine eigene Kirche gegründet habe.“
„Du hast eine Kirche gegründet?“
„Ja. Ganz allein.“
„Kaum zu glauben. Hat sie denn außer Dir irgendwelche Gläubigen? Hast Du ,O kommt’ gerufen?“
„Noch nicht, glaube ich.“
„Was ist denn anders bei Dir als in anderen Kirchen?“
„Es gibt Spekulatius im Gottesdienst. Auf Papptellern statt direkt aus der Tüte, dann raschelt es nicht so laut die ganze Zeit.“
„Auch im Frühling?“
„Ja… nein. Vielleicht besser nicht. Aber dann könnte es Mett geben.“
„Warum ausgerechnet Mett?“
„Ich mag Mett. Und es steckt auch in Christ-Mett-e drin. Und Weihnachten ist schließlich das schönste Fest des Jahres.“
„Herrje. Und statt des Christuskreuzes wird bei Dir ein Mettbrötchen zum allumfassenden Symbol des Glaubens, das Deine Jünger an Ketten um den Hals tragen?“
„Wieso nicht?“
„Aber dann werden keine Vegetarier eintreten.“
„Wegen Mettbrötchen?“
„Ja.“
„Wusstest Du, dass der Tag des Mettbrötchens zeitgleich mit dem Valentinstag liegt?“
„Na, wenn das nicht ein Zeichen großer Liebe ist!“
„Um Liebe geht es ja beim Glauben schon auch.“
„Vegetarier werden trotzdem ungern an Mettbrötchen glauben. Und Veganer auch nicht.“
„Vielleicht sollte ich auch Käsebrötchen anbieten?“
„Laktose-Intoleranzen sind ja bislang noch in der Unterzahl. Viele mögen Käse. Hilft Dir bei Veganern nicht, da solltest Du vielleicht eher Brötchen mit Guacamole anbieten.“
„Auch eine Idee.“
„Aber wieso überhaupt eine neue Kirche? Und was ist denn neu und anders an Deiner?“
„Ich dachte, ich fange erstmal vorsichtig mit Spekulatius an und arbeite mich dann vor.“
„Achso. Gerade warst Du noch bei Brötchen. Und Mett. Dann bist Du also neben der Glaubenskrise auch noch in einer Visionskrise?“
„Ein wenig.“
„Eine Kirche ohne Glauben ist aber unglaubwürdig.“
„Glauben entwickelt sich beim Glauben. Glaube ich. Oder nicht?“
„Und was verkündest Du? Wie steht es um Deine Heilsversprechen?“
„Nach Spekulatius oder Mettbrötchen geht es mir meistens besser. Das ist schon mal ein Anfang.“
„Ich weiß ja nicht.“
„Du sollst ja auch nicht wissen, sondern glauben. Das ist das Prinzip.“
„Aber Kirche ist auch Gemeinschaft. Und bislang scheint bei Dir die Gemeinde aus Dir und potenziellen Ich-Abspaltungen Deiner selbst zu bestehen.“
„Ich bin das Huhn und das Ei und das Leben. Irgendwie muss man doch beginnen.“
„Ja… schon…“
„Aber weißt Du, was ich glaube?“
„Noch nicht.“

„Ich glaube, ich habe in meinem Leben kaum je köstlichere Nudeln gegessen als die Linguine mit Wurstbällchen-Zitronen-Carbonara, die Wulnikowski letztens wieder gekocht hat. Göttlich!“
„Und warum glaubst Du das?“
„Weil die Zitronenschale herrliche Frische bringt, während die würzigen Klopse, Ei, Sahne, Parmesan und Schinkenwürfelchen fast eine höhere Umami-Macht bilden.“
„Aber Sahne in der Carbonara… da fallen Italiener ja direkt vom Glauben ab.“
„Aber es schmeckt fantastisch. Das glaube ich nicht nur, das weiß ich.“
„Also glaubst Du jetzt auch noch an Wurstbällchen? Als Gottheit.“
„So weit würde ich nicht gehen.“
„Aber?“
„Vielleicht ein bisschen, weil Wurstbällchen auch ein wenig wie Mett sind. Oder wie Fleischklopse generell.“
„Es sind Fleischklopse. Hackbällchen. Du hast sie doch nur aus dem Wurstdarm befreit.“
„Ich bin da schon der Befreier, ein bisschen, oder?“
„Nun. Ich glaube schon. Aber das klingt für mich eher nach der Kirche des Fliegenden Spaghettimonsters.“
„Nach was?“
„Nach dieser Gottheit, die aussieht, wie ein Klops umwickelndes Spaghettiknäuel mit wobbeligen Teigwarententakeln.“
„Wer glaubt denn an sowas?“
„Pastafari.“
„Wer?“
„Die verkleiden sich als Piraten.“
„Mit Rastalocken aus Nudeln?“
„Ich glaube nicht.“

„Und die glauben an Nudelteller?“
„Unter anderem. Quasi ich bin die Nudel und der Klops und der Parmesan.“
„Und die Zitronen-Ei-Sauce?“
„Du hast doch selbst gesagt, die Pasta sei göttlich gewesen.“
„Schon, aber…“
„Aber was?“
„Ich glaube, vielleicht wird Glaube manchmal auch überbewertet. Aber ich weiß, wie gut die Pasta ist. Und Wissen ist noch viel mehr als Glauben.“
„Zumindest gesicherter.“
„Ja.“
„Ich bin mir zumindest sicher, die gibt es ganz bald wieder.“
„Möglich.“
„Also glaubst Du mir?“
„Dir glaube ich, an Dich und Deine Spekulatius-Mettbrötchen-Nummer zumindest glaube ich nicht.“
„Mist.“

Zutaten für die Pasta mit Zitronen-Carbonara mit Wurstbällchen
400 Gramm Salsicce (frische italienische Schweinswürste), ersatzweise rohe Schweinsbratwürste, bevorzugt vom Fleischer und nicht aus irgendeinem Supermarkt-Kühlregal – oder grobe vegane Bratwürste/Bällchen aus veganem Hack, um das Ganze fleischlos zu machen. Wer lieber auf fertige Wurst wegen obskurer Zutaten verzichten möchte, kann auch 350 Gramm Fleisch entweder selbst kuttern oder als frisches Hack beim Fleischer kaufen, es mit einem halben Teelöffel Fenchelsamen, einem Teelöffel Salz, etwas Pfeffer, einen Hauch Rosmarin, Piment, Thymian, einem Eigelb, einer gepressten Knoblauchzehe und zwei eingeweichten Toastbrotscheiben zu eigener Klopsmasse vermengen.
Olivenöl
4 dicke Scheiben Pancetta oder 100 Gramm Schinkenwürfelchen (zum veganisieren bieten sich eine Handvoll gehackter Steinpilze an)
Meersalz und frisch gemahlener schwarzer Pfeffer
500 g Linguine oder Spaghetti
4 große Eigelb (möglichst von Bio-Eiern, für vegane Varianten zwei Esslöffel Stärke, eingerührt in die Flüssigkeit)
1 Becher echte oder vegane Sahne (200 ml)
150 g frisch geriebener Parmesan (oder veganer Ersatz)
abgeriebene Schale von 1 unbehandelten Zitrone
2 Stängel frische glatte Petersilie, gehackt


So bereitet man die Pasta mit Zitronen-Carbonara mit Wurstbällchen zu
Wer fertige Würste gekauft hat, schlitzt sie am besten auf, drückt das Wurstbrät heraus und rollt daraus tischtennisballgroße Kugeln. Wer die Masse selbst macht (siehe oben), kann diese ja in ebenso große Kugeln formen – indem man einen gehäuften Esslöffel auf eine Handfläche legt und sie dann zwischen den Handflächen rollt.
In einem großen Topf Salzwasser zum Kochen bringen. So bald es kocht, die Linguine darin al dente garen – das dauert meist knapp zehn Minuten (aber das erklärt sonst auch die Packungsanleitung).
Parallel einen Schluck Olivenöl in eine große Pfanne geben, sie auf mittlerer Hitze heiß werden lassen und dann die Wurstbällchen langsam darin braten, bis sie rundherum gleichmäßig goldbraun sind. Den Speck einige Minuten mitschmurgeln lassen, bis er goldbraun wird. Von der Platte ziehen, sobald es soweit ist, damit nichts scharf anbrennt oder verkohlt und bitter wird.
In einer Schüssel die Eigelbe mit der Sahne, gut der Hälfte des Parmesans, den Zitronenzesten/der abgeriebenen Zitronenschale und der Hälfte der vorher gehackten Petersilie mit einem Schneebesen gründlich verschlagen.
Die Pasta abseihen, sobald sie fertig gekocht ist. Bevorzugt ein bisschen Nudelkochwasser auffangen. Die Nudeln dann zurück in den Topf geben (nicht zurück auf die Platte), die Sahne-Ei-Käse-Sauce darübergeben, einen guten Schluck Nudelkochwasser ebenfalls und Bällchen und Schinkenwürfelchen oder Pilzschnitze darunter rühren. Ein paar Minuten unter gelegentlichem Rühren warten, bis das Ei gestockt ist. Mit Salz, Pfeffer und einer Prise Zucker abschmecken.
Dann sofort auf Tellern verteilen, den Rest des geriebenen Parmesans sowie der gehackten Petersilie darübergeben. Buon appetito.
Zum Gericht passt hervorragend dieser Salat.

Musik zum Menü
Das Naheliegendste wäre mutmaßlich, hier das totgenudelte „Carbonara“ von Spliff zu posten. Aber Naheliegendes gibt es in diesem Text nur bedingt viel. Stattdessen essen manche Kerle in Ruhe ihr Quinoa, während ihre Bete von Yoga spricht. Sollen sie gern tun. Die Pasta hier ist deutlich köstlicher, finde ich. Und der Song von Nichtseattle eine viel zu unbekannte Wucht.
Und wenn schon ein Song über Carbonara, dann lieber das famos-rotzige „Carbonara für zwei“ von Herr(n) Ulrich!
Oder doch lieber etwas völlig ziellos Dahinschwabberndes – was klingt, wie verkochte „Linguine“?
Eventuell hinterher noch nen durchgenudelten Rock-Jam zum Fliegenden Spaghetti-Monster? Bittesehr.
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Ich bin das Huhn und das Ei und das Leben …. Hahaha! Wie fallen dir bloß immer solche Sachen ein!? Köstlich, köstlich, auch das Essen. Für mich dann bitte mit Veggiebällchen! ♥
Alles Liebe!
Maria
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Das klingt sehr nachahmenswert, unabhängig jeglicher Glaubensrichtung 😉
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moin Ole,
hach, gestern gab’s bei uns auch Spaghetti Carbonara. Aber auf römische Art. Nur mit Eigelb plus ganzes Ei, Pecorino Romana, schwarzem Pfeffer und (ganz wichtig!!!!) Guanciale. Diese gewürzte und getrocknete Schweinebacke schmeckt um Längen besser als Panchetta in der Carbonara.
Aber zurück zu deinem Rezept. Klasse, jetzt hab ich Appetit.
Liebe Grüße von Karin
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