
Manchmal, aber nur manchmal habe ich Haue trotzdem nicht gern, bekomme sie aber. Ich könnte vielleicht sogar einen Mord zugeben und bräuchte keine Strafverfolgung fürchten, weil meine Texte vorm Rezept derart lang sind, dass sie eh keiner liest, spottete mal ein Freund. Wenn der kreative Überschwang mich fortgetragen hat und eine wortreiche Schleppe hinter sich hergezogen hat. Wenn ich nicht zum Punkt komme, ausschweife – und man sich im Zweifel durch einen ganzen Textberg futtern oder meterweit scrollen muss, bis man bei Zutatenangaben und so angelangt ist. Um eins vorwegzunehmen: Es gibt keinen Mord, den ich hier beichten müsste.
Stattdessen gibt es hier aber eine weitere rasche, aber köstliche Pasta-Variante, die ich sehr liebe, die trotz ihrer Einfachheit trotzdem Raffinessen aus dem Ärmel schüttelt – und die vielleicht auch denen vorbeugen hilft, Mist zu bauen, die gerade Mordgelüste überkommt, weil irgendwas schiefläuft, irgendwer nervt, sich Frust ballt und Wut hochkocht: und man nicht anders kann, als irgendwen, nein, irgendwas zu zerstückeln: mit Walnüssen, Kochschinken, Zitronenzesten, Mascarpone und Gorgonzola. Für die unter Euch, die den Film „Machete“ kennen: „Ein wenig so sei dieser Text. „Machete don’t talk.“ Mundfaul draufhacken – nur dass der vernarbte Schnurrbart-Draufgänger „Machete“ hier seinen Krummsäbel schwingen und damit Walnusskerne, Frühlingszwiebeln und Kochschinken zerhacken könnte, statt damit Bösewichte zu zerlegen.

Was braucht Ihr dafür?
Eine Frühlingszwiebel
100 Gramm gekochten Schinken
Eine Draufgänger-Handvoll Walnusskerne
Zwei Esslöffel Butter
125 Gramm Mascarpone (eine halbe Dose)
100 Gramm Gorgonzola (ob ihr den milden „dolce“ nehmt oder den „piccante“, der mit seinem strengen Duft Bösewichte in die Flucht schlagt, überlasse ich Euch)
Fünf Esslöffel Milch oder Sahne (etwa 75 Milliliter)
Zesten/Schale einer halben Zitrone
Einen Esslöffel feingehackte Petersilie
Salz
Pfeffer
mindestens eine Prankevoll frisch geriebenen Parmesan
Pasta Eurer Wahl (meine wäre: Linguine), in Salzwasser gar gekocht
So wird’s gemacht
Die Machete schärfen. Oder das Küchenmesser. Damit den Walnusskernen zuleiberücken. Zerschlagt sie, hackt ihnen die Köpfe ein, wieder und wieder, zerlegt ihr Innerstes. Rasend vor Wut greift Ihr Euch direkt danach den Kochschinken, der Euch blöde von der Seite angeglotzt hat. Der muss auch dran glauben. Hackt, was das Zeug hält. Drescht mit der Klinge auf ihn ein! Und die Frühlingszwiebel ist auch nicht besser. Schwingt den Krummsäbel, gebt ihr die Klinge. Nicht einmal, sondern immer und immer wieder, bis nur noch feine Ringe von ihr überbleiben. Die Petersilie: Metzelt sie nieder, macht sie platt, haut sie kurz und klein, bis sie nur noch ein fisseliger grüner Haufen ist! Auch der Gorgonzola ist dran! Aber bei ihm reicht es grob! Ein paar zielgenaue Hiebe und er ist zerteilt. Und reißt der Zitrone die Zesten vom Leib! Verpasst dem Parmesan eine ordentliche Abreibung! Macht es aber wie bei Wertstoffhöfen: Getrennte Haufen, bitte!
Bringt nen großen Topf mit Salzwasser fast (aber nur fast) zum Überkochen und gart darin was immer Ihr für Nudeln um Euch und in Euch haben mögt!
Schnappt Euch eine Pfanne, löst darin auf niedriger bis mittlerer Stufe die Butter auf, bis sie ihre Form verliert (wie in Säurefässern entsorgte Leichen). Lasst in der knisternden Butterlache die Frühlingszwiebelringe tanzen, bis sie glasiger dreinblicken. Werft ihnen den Kochschinken um die Ohren und rührt das Gelump regelmäßig um. Und auch die Walnusskern-Hackschnitzel vertragen eine kräftige Portion Hitze und Feuer. Werft sie hinzu (bis auf einen Teil, der später Zierde werden darf)! Bratet sie! Schwartet sie! Bis es knistert und knackt, aber während Ihr selbst womöglich Schwarz seht vor Wut, haltet Euch soweit im Zaum und behaltet das Rührgut im Auge, dass es nicht schwarz wird.
Abreagiert? Oh, wie gut es tut, wenn der Furor weicht, der Druck den Deckel vom Topf gesprengt hat. Damit könnt Ihr gelassen die Hitze jetzt auch reduzieren, auf niedrige Stufe. Gebt den Mascarpone in die Pfanne, streichelt ihm mit einem Holzlöffel den Rücken, während er unter den zärtlichen Kreisen schmilzt – und ersäuft ihn am Ende in der Pfütze Milch. Den in Einzelteile zerschlagenen Gorgonzola direkt danach auch im sanften Blubberbad entsorgen. Nun darf das Gelumpe simmernd vor sich hin sinnieren, vielleicht drei, vier Minuten lang. Streut die Zitronenzesten drüber, als wären es beleidigt abgerissene Blütenblätter beim „Sie liebt mich, sie liebt mich nicht“-Spiel. Rührt sie tief ein. Und schmeckt nochmal ab, was Ihr da zerkleinert und unter Cremigem versteckt habt – mit Salz und Pfeffer. Lasst zum Servieren Gras drüber wachsen, nein, streut die Petersilie oben auf die Sauce, die wiederum die Pasta tränkt. Und auch die vorher verschonten Walnusskernsplitter landen jetzt noch einmal auf dem Pastahügel, dann noch der Parmesan, dem Ihr eine Abreibung verpasst habt – ehe alles gnadenlos verschlungen wird!

Musik zum mörderischen Treiben
Legt Euch nicht mit dem falschen Mexikaner an – und lasst Euch das gesagt sein!
Wer Danny Trejo alias „Machete“ während der Dreharbeiten reizt, kann im Zweifel auch damit rechnet, dass der ihm den Hals umdreht oder ihn anderweitig abmurkst. Daher: „Kill the director“ von den Wombats passt.
Wer hören will, wie sich wildes Hacken anhört, könnte natürlich auch den „Lumberjack“-Song von Monty Python hören – oder den Klingenwirbeln der Kotthu-Roti-Schnetzler auf Sri Lanka lauschen. „Ratamahatta“ von Sepultura tut es aber auch super.
Du schreibst mir aus der Seele
Danke 🙏
Lg Meggie
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Weil Du Wut abreagieren musst? Oder Du Textperlen für Säue erschaffst? 🙂
Gern!
Und ganz liebe Grüße
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Herrlich und schmeckt bestimmt auch ohne vorherigen Wutausbruch 😁 danke für die Erinnerung an das Buch 😉
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Hacken und Wut und Pasta klingt nach einer guten Kombi …
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moin Ole,
herrlich dein Text und auch der des Rezeptes. Eine sehr schöne Idee das Rezept mal „anders“ als sonst zu verfassen. Gefällt mir richtig, richtig gut. Du triffst es wieder genau.
Sei herzlichst gegrüßt,
Karin
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